DAHW: Leben in Mwanza Teil 1 – Die Insel der Kranken
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Würzburg erleben
4. April 2017

Das Trinkwasser auf der Insel Ijinga stammt direkt aus dem See. Foto: Enric Boixadòs
Ein Gastbeitrag von Jochen Hövekenmeier von der DAHW.
Von Würzburg nach Mwanza
„Woher kommst Du?“ fragt mich der Mann, der den kleinen Park mit dem exklusiven Blick auf den Bismarckfelsen kontrolliert. Meine Antwort sorgt für Nachfragen: „Aus Deutschland, kennst Du Würzburg?“ Zum ersten Mal in meinem Leben springe ich über meinen Schatten und verschweige, dass ich aus der Stadt mit dem schönsten Fußballverein der Welt stamme und bejahe, ja bestätige sogar, dass ich aus Würzburg nach Mwanza gereist bin. Das ist ja nicht gelogen, daran ändert auch das Logo mit “Echter Liebe“ auf meinem Hemd nichts: Mein Schreibtisch steht in der DAHW, und die hat seit ihrer Gründung vor fast 60 Jahren ihren Sitz in Würzburg. (Anmerkung der Redaktion: Jochen Hövekenmeier stammt aus Dortmund)
DAHW und Missio im Kampf gegen Schistosomiasis
Dazu gibt es eine Partnerschaft zwischen Mwanza in Tansania und Würzburg in Deutschland, eine der wenigen Städtepartnerschaften zwischen afrikanischen und deutschen Städten. Immerhin: Diese Partnerschaft lebt, die Frage nach der Partnerstadt hier am Ufer des Victoriasees zeugt davon. Doch habe ich nicht mehr als 24 Stunden in Flugzeugen und Wartehallen von Flughäfen verbracht, um mir Mwanza anzusehen und die Städtepartnerschaft touristisch zu nutzen, obwohl ich dies jedem Würzburger durchaus empfehlen kann.
Mit dem Ufer eines der größten Seen der Welt hat es allerdings schon zu tun: Es geht um Bilharziose, eine heimtückische Wurmerkrankung, international auch Schistosomiasis genannt, zu deren Erforschung und Bekämpfung hier in der Region um Mwanza sich die DAHW und das Missionsärztliche Institut, ebenfalls aus Würzburg, zusammengeschlossen haben.
Deutsche Mediziner vor Ort
Zwei Tage schon untersuchen die beiden Mediziner Andreas Müller und Uwe Ziegler die Menschen auf der kleinen Insel Ijinga, keine 50 Kilometer entfernt von hier. Gestern war ich mit ihnen dort, schon die Anreise mit einer klapprigen Fähre war ein Abenteuer. Die Insel selbst macht auf den ersten Blick einen friedlichen, zufriedenen Eindruck. Und der täuscht nicht: Friedlich und zufrieden sind die Menschen hier, wie fast überall, wo die Menschen sehr arm sind.
Kein Strom, kein fließendes Wasser, kaum Möglichkeiten zur Kommunikation, weil das Mobilnetz nur an wenigen Orten und Zeiten einen Empfang ermöglicht. Und bevor jetzt wieder Ewiggestrige oder andere Profi-Nörgler meckern, warum arme Menschen ein Mobiltelefon haben müssen: Das ist hier notwendig, weil es auch die einzige Möglichkeit ist, selbst kleinere Geldbeträge zahlen zu können. Menschen, die weit entfernt von Zuhause arbeiten müssen, können damit ihren Familien das so schwer verdiente Geld schicken. Und das ist hier eher Normalität als Ausnahme.
Ijinga
Zurück zu den Menschen auf Ijinga: Man sieht ihnen nicht an, dass sie krank sind, und das ist das wohl größte Problem: Sie fühlen sich ja auch nicht krank, obwohl fast 90% aller bislang untersuchten Menschen an Bilharziose erkrankt sind. Bei den Kindern waren es sogar 100%. Weil sie sich aber nicht krank fühlen, nehmen sie diese Krankheit auch nicht als Bedrohung wahr. Heimtückisch könnte man sie daher nennen, diese Erkrankung, mit der man sich infiziert, wenn man mit dem Wasser in Kontakt gerät, in dem die Larven der Würmer schwimmen. Und die schwimmen am Ufer, wo es die Wasserschnecken gibt, in denen sich die Eier zu den Larven entwickeln – die Eier, die zuvor von erkrankten Menschen durch Kot oder Urin ausgeschieden wurden. Ein Kreislauf also, hier beschrieben: www.schisto.de
Geht alles gut, werden die Mediziner in den kommenden Tagen genug Menschen von Ijinga untersuchen, um die Grundlagen für ihre Studie zu haben. Dann wird es darum gehen, wie man den Kreislauf der Krankheit durchschlagen kann, welche Methoden erfolgreich sind. Und wir alle hoffen, dass die Menschen in Deutschland diese Arbeit unterstützen. Vielleicht besonders die aus Würzburg, um damit die Partnerschaft mit Mwanza weiter mit Leben zu füllen. Dann werde ich auch mit ganzem Stolz bejahen können, aus Würzburg zu kommen, auch wenn meine Liebe weiterhin dem BVB gehören wird. Aber die Kickers sind uns Dortmundern ja auch alles andere als unsympathisch.
Jetzt weiterlesen: Leben in Mwanza Teil 2 – Kinder von Ijinga
Jetzt weiterleisen: Leben in Mwanza Teil 3 – Würzburg und Mwanza
Im Kampf gegen eine heimtückische Krankheit
Die Deutsche Lepra- und Tuberkulose e.V. möchte gemeinsam mit dem Missionsärztlichen Institut Würzburg über die Städtepartnerschaft zwischen Würzburg und Mwanza aufklären. In der Stadt in Tansania leben die Menschen in erschreckend einfachen Verhältnissen ohne Strom und fließendes Wasser. Die DAHW hat es sich zur Aufgabe gemacht, vor Ort die Gesundheitsaufklärung und Medikamentenversorgung zu verbessern, denn fast 97 Prozent der Schulkinder sind in Mwanza an Bilharziose, einem heimtückischen Wurmbefall, erkrankt. Obwohl es wirksame Medikamente gibt, kommt es durch das verseuchte Wasser oftmals zu einer Neuansteckung. Zwei Ärzte aus Würzburg sind vor Ort und versuchen durch Untersuchungen und Aufklärung der Krankheit entgegen zu wirken.
Der Journalist Jochen Hövekenmeier war vor Ort und hat seine Eindrücke über das Leben in Mwanza mit der Krankheit in seinen Texten festgehalten. Seit sechs Monaten ist er wieder zurück in Deutschland und siehe da, es hat sich etwas getan – in der Schule wurde inzwischen eine Regenwasserrinne errichtet und zwei neue Klassenzimmer sind in Bau.
Bilharziose
Die Krankheit Bilharziose wird auch Schistosomiasis bezeichnet und gilt als heimtückische Erkrankung aus dem Wasser. Gerade in den Teilen des Landes, in denen die Armut vorherrschend ist, leiden die Menschen oft an der Tropenkrankheit. Die Parasiten sind so winzig, dass sie mit dem bloßen Auge kaum sichtbar sind. Dennoch sind sie so gefährlich, dass bereits kurzer Kontakt ausreicht um sich zu infizieren. Beim Baden, Wäsche waschen oder Fischen, bohren sich die Parasiten durch die Haut und entwickeln sich dort zu Würmern. Im Körper produzieren die Würmer Tausende von Eiern und hinterlassen Schäden an Milz, Darm und Leber. Dies führt in vielen Fällen zum Tod.
Die produzierten Eier der Würmer, gelangen über den Kot und den Urin des Menschen wieder in das Wasser. Dort lebt eine spezielle Art einer Wasserschnecke, die die Entwicklung des Parasiten begünstigen und somit wieder neue winzige Larven ausstoßen. Ein niemals endender Kreislauf. Durch Eure Spende könnt Ihr die Arbeit der DAHW und der Missionsärztlichen Klinik in Mwanza unterstützen – hier findet Ihr weitere Infos!

