Aufgeschobener Kaffee entwickelt sich nicht zum Selbstläufer

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Viktoria Beister

24. Januar 2024

Kaffee im Café. Symbolfoto: Pascal Höfig
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Kaffee kann verbinden. Symbolfoto: Pascal Höfig

Die Spendenaktion Kaffee.Plus ist in Würzburg gescheitert. Das Projekt, bei dem Gäste in Cafés zusätzlich zu ihrem eigenen Getränk einen Kaffee für jemanden in finanzieller Not vorausbezahlen, hat sich langfristig nicht durchsetzen können.

Die Kaffee.Plus-Mitorganisatorin Ronja Hemm erklärt, dass die Initiative aus dem Jahr 2016 schon seit einigen Jahren nicht mehr offiziell bestehe: „Wir waren nach dem Startschuss noch etwa ein Jahr in Würzburg. Die Aktion sollte aber vor allem ein Anstoß sein, mit dem wir die Idee des aufgeschobenen Kaffees in Umlauf bringen wollten. Der Rest lag dann bei den Cafés selbst.“ Zu Beginn von Kaffee.Plus hätten sich zahlreiche Cafés in der Würzburger Innenstadt beteiligt. Diese hätten sehr verschiedene Erfahrungen mit der Idee der drei Studierenden – Ronja Hemm, Hannes Kaske und Stefanie Fiedler – gemacht.

Ursprünglicher Sinn der Aktion verfehlt

Trotz anfänglicher Begeisterung für das Konzept und einer positiven Resonanz von Gästen, die bereit waren, einen Kaffee vorzustrecken, hat das Café Barossi die Aktion letztendlich eingestellt: „In der Praxis haben sich einige Schwierigkeiten ergeben“, berichtet Silia Rüttiger, Inhaberin des Café Barossi.  „Bei uns ist das Projekt unter anderem daran gescheitert, dass nur wenige bedürftige Personen das Kaffee-Guthaben in Anspruch genommen haben.“

Auf der anderen Seite seien die Getränke von den immer selben Personen teilweise mehrmals täglich auf eine unverschämte Weise regelrecht eingefordert worden. Das Personal habe sich stellenweise bedrängt gefühlt. Laut Rüttiger sei durch diese Vorfälle der ursprüngliche Sinn der Aktion leider verfehlt worden. Das Team des Café Barossi ist seitdem zu einer persönlicheren Herangehensweise übergegangen, um Bedürftigen zu helfen: Die Mitarbeitenden entscheiden selbst, wann und wem sie mit einem gratis Kaffee eine Freude machen.

Mangelnder Bedarf als Hauptgrund

Mit Ihrer Vermutung, dass es anderen Cafe-Betreibern und -Betreiberinnen ähnlich ergangen sein könnte, behält Silia Rüttiger Recht. Auch im Café Wunschlos glücklich ist Kaffee.Plus Geschichte. Ein Mitarbeiter des Cafés merkt an, dass die Aktion aufgrund mangelnden Bedarfs ausgelaufen sei.

In der Martinelli Caffè-Bar habe man die Aktion nach dem Umzug in die Domstraße im Jahr 2019 aus den Augen verloren, wie eine Mitarbeiterin berichtet. Die für den aufgeschobenen Kaffee vorgesehenen „Striche auf der Tafel“ hätten sich regelrecht angesammelt, ohne dass bedürftige Menschen das Angebot genutzt hätten. Neben den bereits genannten Herausforderungen gibt es einen weiteren Rückschlag für das Projekt: Von den ursprünglich rund zehn teilnehmenden Cafés haben mittlerweile fünf Lokalitäten ihre Türen endgültig geschlossen.

Das Ende des aufgeschobenen Kaffees in Würzburg zeigt, dass man für den Erfolg von sozialen Projekten wie Kaffee.Plus mehr als ein engagiertes Organisationsteam und kooperative Lokalitäten braucht. Leider mangelte es an Nachfrage und breiter Akzeptanz des Prinzips. Die ursprünglich gute Idee ist in der Praxis schlicht und ergreifend auf zu viele Herausforderungen getroffen.

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