E-Scooter in Würzburg: Interessante Erkenntnisse aus der Unfallstatistik

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Philipp Heilgenthal

5. Mai 2025

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Immer öfter sind in Würzburg E-Scooter unterwegs. Aber sind sie auch für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich? Foto: Johannes Kiefer

Erst seit Anfang 2019 sind E-Scooter auf deutschen Straßen zugelassen. Seitdem rollen immer mehr von ihnen auch durch Würzburg. Und mit ihnen häufen sich auch die Unfälle. Unsere Redaktion hat beim Polizeipräsidium Unterfranken nachgefragt, wie sich die Unfallzahlen mit E-Scootern in Würzburg in den Jahren 2020 bis 2024 entwickelt haben und um eine Einschätzung gebeten, inwieweit E-Sooterfahrer und -fahrerinnen eine Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen darstellt. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse daraus:

1. Der Anteil der Unfälle mit E-Scootern in Würzburg ist (noch) verschwindend gering

Von 2020 bis 2024 wurden der Polizei insgesamt 94 Unfälle mit E-Scootern gemeldet, davon 34 im vergangenen Jahr. „Ein Grund hierfür ist sicherlich die Pandemiebedingte Corona-Zeit in den Jahren 2020 – 2022, in denen deutlich weniger Menschen auf den Straßen unterwegs waren“, bewertet Polizeiobermeister Felix Zirkelbach den auffälligen Anstieg. Angesichts der Tatsache, dass sich im Stadtgebiet allein jede Woche mehrere Autounfälle ereignen, macht die Zahl der E-Scooter-Unfälle in der Würzburger Unfallstatistik aber immer noch einen äußerst geringen Anteil aus. Zum Vergleich: Allein 2024 wurden in Würzburg 320 Unfälle mit Fahrrädern gemeldet, bei denen sich 271 Personen verletzten und 41 von ihnen schwer. Zwei davon endeten sogar tödlich.

Die große Würzburger Mobilitätsstudie der Uni Würzburg

2. Vor allem junge Menschen fahren E-Scooter, bauen aber nicht mehr Unfälle als andere

Das noch sehr junge Verkehrsmittel erfreut sich jedoch zunehmender Beliebtheit, vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. „Sehr offensichtlich werden E-Scooter überwiegend von Fahrzeugführern jüngeren Alters benutzt. Dies gilt insbesondere für abendliche oder Nachtschwärmer-Fahrten zwischen den Clubs oder auf dem Nachhauseweg“, heißt es in der Stellungnahme, die dieser Redaktion auf Anfrage vorliegt. Für die sogenannte „letzte Meile“, zum Beispiel auf dem Weg zum Bahnhof, würden aber ebenfalls zunehmend Personen mittleren Alters die elektronischen Roller nutzen. Trotz des extrem niedrigen Durchschnittsalters verteilen sich die Unfallverursacherinnen und -verursacher in Würzburg gleichmäßig auf die Altersklassen bis 44 Jahre, wie die durch E-Scooterfahrerinnen und -fahrer verursachten Unfälle im Jahr 2024 zeigen:

Bis 20 Jahre: 4 Unfälle

21-24 Jahre: 5 Unfälle

25-34 Jahre: 8 Unfälle

35-44 Jahre: 6 Unfälle

3. E-Scooterfahrer gefährden vor allem sich selbst

In 66 von 94 Fällen aller Unfälle in den vergangenen vier Jahren – also über zwei Drittel – waren E-Scooterfahrer und -fahrerinnen schuld am Unfall. Die Zahl deckt sich fast haargenau mit dem deutschlandweiten Durchschnitt von 66,3 Prozent im Jahr 2023. Davon waren wiederum bei zwei Dritteln (44) der Unfälle keine anderen Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen beteiligt. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher sein. Schließlich ist davon auszugehen, dass nur die wenigsten Personen bei einem glimpflich verlaufenen Unfall, bei dem keine fremden Personen oder Dinge zu Schaden gekommen sind, gleich die Polizei rufen. Das zeigt bereits, dass – anders als viele vielleicht vermuten würden – E-Scooterfahrer und -fahrerinnen in Würzburg in erster Linie nur sich selbst schaden.

E-Scooter werden vor allem gerne ausgeliehen. An vielen Ecken in Würzburg stehen die Roller bereit zur Ausleihe, wie hier in Heidingsfeld. Foto: Philipp Heilgenthal

4. Fahrverbot in der Fußgängerzone zeigt Wirkung: Fußgänger sind kaum an Unfällen beteiligt

Die folgenden Zahlen belegen dies noch anschaulicher: Während bei den 94 Unfällen 89 E-Scooterfahrer und -fahrerinnen verletzt wurden (davon acht schwer), verletzten sich dabei gerade einmal zwölf andere Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen (davon zwei schwer). Das Polizeipräsidium hebt dabei besonders hervor, dass es in Würzburg noch keinen einzigen Todesfall infolge eines E-Scooterunfalls gab. Ebenfalls erfreulich sei, dass nur an drei Unfällen Fußgänger beteiligt gewesen waren. Zirkelbach sieht dadurch das Fahrverbot für E-Scooter in der Würzburger Fußgängerzone bestätigt. Das besteht „aus Gründen der beengten Verkehrsverhältnisse in der Fußgängerzone“, um „insbesondere Personen mit körperlichen Einschränkungen und Senioren“ vor den 20 km/h schnellen und wendigen Fahrzeugen zu schützen.

5. Unfallhotspots mit E-Scootern gibt es in Würzburg nicht

Daneben waren 38-mal Autos, dreimal Fahrräder, je einmal ein E-Bike, ein Moped und ein Kleinlaster an Unfällen mit E-Scootern beteiligt. Die Unfallorte verteilen sich dabei quer im gesamten Stadtgebiet. Zirkelbach: „Einer Auswertung der Unfallörtlichkeiten mit E-Scootern zufolge sind im Stadtgebiet keine echten Unfallbrennpunkte oder Hotspots erkennbar. Auffällig ist lediglich, dass allein in der Versbacher Straße vier Rollerunfälle registriert wurden.“ Spezifisch im vergangenen Jahr hat die Polizei zumindest eine Häufung im Bereich innerhalb des innerstädtischen „Bischofshutes“ registriert. Eine völlig andere Auffälligkeit macht der Polizei Sorge: „Helmtragende Führer von E-Scootern stellen eher die absolute Ausnahme als die Regel dar.“ Um diesem besorgniserregenden Status quo entgegenzuwirken, starteten Verkehrspolizisten vergangenen Monat eine erste Aufklärungskampagne an zwei Würzburger Berufsschulen.

6. Die größte Gefahr besteht, in Würzburg angetrunken auf einem E-Scooter erwischt zu werden

Am gefährlichsten wird es E-Scooterfahrer und -fahrerinnen in Würzburg, wenn sie unter Alkohol- oder Drogeneinfluss unterwegs sind. Dabei besteht die größte Gefahr nicht, deshalb einen Unfall zu bauen. Von den 94 Unfällen zwischen 2020 und 2024 meldete die Polizei 13 Mal Alkohol als Unfallgrund, bei Drogen sind es gerade einmal zwei Unfälle gewesen. Deutlich höher ist das Risiko in Würzburg, wegen Drogen- oder Alkoholeinfluss ein saftiges Bußgeld verhängt zu bekommen oder den (Auto-)führerschein zu verlieren. Bekanntlich gilt beim Führen eines E-Scooters bereits dieselbe Promillegrenze wie beim Auto: 0,5 Promille. Beim Fahrrad sind es dagegen 1,6 Promille. „Grundsätzlich fehlt das Wissen und Bewusstsein, dass die Promillegrenzen für Kraftfahrzeuge gelten“, bemerkt Polizeiobermeister Zirkelbach dazu. Zu verlockend scheint es, nach dem Feiern, wenn man sich selbst noch für fahrtüchtig hält, gemütlich auf einem E-Scooter heimzudüsen.  Allein 2024 wurden satte 179 Personen in Würzburg mit über 0,5 Promille auf einem E-Scooter erwischt. Weitere 60 Personen standen im vergangenen unter Drogeneinfluss auf einem Roller mit E-Antrieb und wurden dabei von der Polizei erwischt (inklusive THC). Ob die Polizei in der Studentenstadt gezielt verhältnismäßig viele E-Scooterfahrer und -fahrerinnen kontrolliert, ist der Antwort an unserer Redaktion nicht zu entnehmen.

 

 

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