Eine ungewöhnliche Freundschaft

Wuerzburgerleben

20. Dezember 2016

Würzburg - Foto: Pascal Höfig
Symbolbild Würzburg

Symbolbild Würzburg

Durch einen Film zum Neustart

Als Adrian vor zwei Jahren in der Semmelstraße vom Obdachlosen Andreas angesprochen wurde, ahnte wohl keiner der beiden, dass das der Beginn einer etwas anderen Freundschaft sein sollte. Nun hat Adrian einen Film über seinen Freund gedreht – mit dem Ziel: ihm einen Neustart zu ermöglichen. Aber eines nach dem anderen …

Es begann mit einem Salamibrötchen

„Na, schmeckts?“, fragte er, während ich in mein Salamibrötchen biss. Der Mann war wetterfest gekleidet, trug einen großen Rucksack mit Isomatte, hatte eine Mütze auf dem Kopf und lächelte freundlich. Er wollte wissen, ob ich ihm nicht die aktuellen Sportergebnisse aus dem Internet abrufen könne. Kein Problem, ich recherchierte die Ergebnisse. Danach kamen wir ins Gespräch, setzten uns auf die Straße und unterhielten uns. Er stellte sich als Andreas vor und lebe auf der Straße. Obdachlos. Eigentlich war er Tiefbauingenieur. Nach der Wende hatte er sich in die Selbstständigkeit gewagt, scheiterte nach Jahren an der Vorfinanzierung eines Projektes und ging kläglich Bankrott – mit 1,8 Millionen Mark Schulden.

Inzwischen lebt Andreas seit 16 Jahren auf der Straße. Eigentlich stammt der heute 51-Jährige aus Thüringen, verbringt aber viel Zeit in Würzburg, weil er die Stadt sehr mag und sich hier heimisch fühlt, sagt er.

Echte Freundschaft entsteht

Von Sekunde eins machte Andreas auf mich einen sehr offenen und freundlichen Eindruck. Seine positive Art und sein grandioser Humor gefielen mir, sodass ich mich immer wieder mal zu ihm auf die Bank am Stift Haug setzte. Andreas Interesse an Philosophie und seine Tiefgründigkeit sorgten dafür, dass ich während unserer Gespräche oft die Zeit vergaß – und wir stundenlang über Gott und die Welt redeten. Und so wurde aus dieser Begegnung eine ungewöhnliche Freundschaft, die nun schon über zwei Jahre anhält.

Auseinandersetzung mit Obdachlosigkeit

Im Laufe der Zeit erfuhr ich immer mehr über ihn und sein Leben in der Obdachlosigkeit. Dabei war ich immer wieder aufs Neue beeindruckt von Andreas Bescheidenheit, seinem unermüdlichen Durchhaltevermögen und seiner Zuversicht; so beeindruckt, dass ich beschloss, einen kurzen Film über ihn zu drehen. Einfach aus dem Grund heraus seine Geschichte mit anderen Menschen zu teilen und ihnen vor Augen zu führen, wie schnell es bergab gehen kann. Der inzwischen fertige Film ist auch Aushängeschild einer Crowdfunding-Kampagne, mit der ich über die Online-Spendenplattform betterplace.com Geld für meinen obdachlosen Freund sammeln möchte. Mit dem Geld soll Andreas die drei ersten Monatsmieten und einen Teil der Möbel für eine neue Wohnung finanzieren können.

Die Straße hinterlässt Spuren

Momentan befindet sich Andreas in einer Langzeittherapie in Norddeutschland. Wie viele Obdachlose hat nämlich auch Andreas ein Alkoholproblem, das er aktuell in Langzeittherapie in Norddeutschland zu bewältigen versucht. Denn: 16 Jahre auf der Straße haben seine Spuren hinterlassen. Er hofft, nach der Therapie Arbeit, Wohnung oder am besten beides wiederzufinden – um einen Neustart in der gutbürgerlichen Mitte anzugehen.

Jetzt Adrian helfen

Ihr interessiert Euch für Adrians Projekt, wollt den fertigen Kurzfilm sehen, mehr über die Crowdfunding-Kampagne erfahren oder diese unterstützen? Dann guckt hier vorbei.

  • Die Kampagne: hier.
  • Der Film:

https://www.youtube.com/watch?v=EtBwC478U0w&feature=youtu.be

Fakten zur Obdachlosigkeit

Obdachlosigkeit ist noch immer ein großes Problem in Deutschland, dem kaum Beachtung geschenkt wird. 2014 waren laut Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) 335.000 Menschen in Deutschland wohnungslos. Dabei wird bis 2018 ein weiterer Anstieg um 61 Prozent auf 540.000 erwartet.

Text: Adrian Wangerin

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