Sonder- und Wegerechte: Was darf die Polizei?

Wuerzburgerleben

23. August 2018

Streifenwagen Polizei

Ein Streifenwagen der Polizei auf Einsatzfahrt. Foto: Pascal Höfig

Immer wieder werden wir gefragt, was man denn eigentlich tun sollte, wenn im Rückspiegel ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn angefahren kommt. Auch häufen sich die Kommentare, in denen sich über zu schnell fahrende Streifenwagen beklagt wird, die ohne Sondersignal unterwegs sind.

Die Frage, ob ein Polizeifahrzeug auch auf einem Behindertparkplatz parkt, begleitet uns ebenfalls stetig. Wir haben Euch ein paar grundlegende Informationen zum Thema „Sonder- und Wegerechte“ zusammengestellt und mit der Polizei darüber gesprochen, was sie eigentlich darf und was nicht.

Rasche Hilfe

Rund 177.000 Einsätze hatte die Polizei in Unterfranken im Jahr 2017 zu bewältigen. Um rasch zu helfen und Schaden abzuwenden, müssen die Einsatzkräfte schnell vor Ort sein. Aus diesem Grund sind sie dabei vom Gesetzgeber mit diversen Rechten ausgestattet. Den Sonder- und Wegerechten.

Grundsätzlich muss zwischen Sonderrechten und dem „Wegerecht“ unterschieden werden.

Die Sonderrechte erlauben es dem Fahrer, die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu missachten, ohne ihm allerdings erweiterte Rechte gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmen einzuräumen.

Eine besondere Kennzeichnung des Fahrzeugs oder gar das aktivieren des Blaulichts mit Martinshorn, ist für die Inanspruchnahme von Sonderrechten nicht erforderlich. Das Fahrzeug muss noch nicht einmal über eine Sondersignalanlage verfügen. Dieses Recht ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden und wird in § 35 StVO geregelt.

Was sind Sonderrechte?

Für Feuerwehren, Polizei, Katastrophenschutz etc. muss die Inanspruchnahme der Sonderrechte zur Erfüllung „hoheitlicher Aufgaben“ dringend geboten sein. Sie erfordern eine gesteigerte Sorgfaltspflicht sowie eine ständige Interessen- und Verhältnismäßigkeitsabwägung durch die Fahrerin bzw. den Fahrer.

Dazu gehört es größtmögliche Sorgfalt und mit gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu fahren.

Bei der Polizei bedeutet bereits die Streifenfahrt eine „hoheitliche Aufgabe“. Der Fahrer darf z.B. die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreiten, Ampeln bei rot überfahren, Rechts überholen, entgegen der Einbahnstraße fahren oder auch Halten und parken, wo dies sonst verboten ist.

Wie bereits erwähnt, sind für Fahrten mit Sonderrechten Blaulicht und Martinshorn nicht nötig und vom Fahrzeug unabhängig. Wenn ein Fahrer eines Streifenwagens also ohne Blaulicht und Martinshorn schneller unterwegs ist, als erlaubt ist, so darf er dies.

Ein Streifenwagen der Polizei auf Einsatzfahrt. Foto: Pascal Höfig

Ein Streifenwagen der Polizei auf Einsatzfahrt. Foto: Pascal Höfig

Blaulicht und Einsatzhorn: Wegerecht

Sonderrechte führen jedoch noch nicht dazu, dass andere Verkehrsteilnehmer Platz machen müssen. Diese Pflicht entsteht nur, wenn das das sogenannte „Wegerecht“ (§ 38 StVO) in Anspruch genommen wird.

Dieses „Wegerecht“ besteht nur dann, wenn sich das Fahrzeug optisch und akustisch bemerkbar macht. Das bedeutet, dass das Fahrzeug mit blauem Blinklicht zusammen mit Einsatzhorn unterwegs ist. Jeder Verkehrsteilnehmer muss diesem Fahrzeug dann sofort freie Bahn schaffen. Übrigens: Blaues Blinklicht alleine reicht nicht aus, um das „Wegerecht“ zu beanspruchen. Es muss zwingend mit Einsatzhorn aktiviert sein. Blaulicht alleine, warnt lediglich andere Verkehrsteilnehmer.

Blaulicht & Martinshorn: Was tun?

Ziel solcher Fahrten mit Sonder- und Wegerechten ist es stets, schnell zu helfen und Schaden abzuwenden. Derartige Einsatzfahrten sind risikoreich: Die Statistik weist ein vierfaches Risiko für einen Unfall mit tödlichem Ausgang im Vergleich zu einer Fahrt ohne Sonderrechte aus. Für den Fahrer des Einsatzfahrzeugs bedeuten diese Fahrten extremen Stress und sind sehr belastend.

Kommt es bei unter solchen Umständen zu einem Unfall, prüfen die Gerichte sehr genau, ob alle Voraussetzungen für diese Einsatzfahrt vorgelegen haben. Denn die Inanspruchnahme von Sonderrechten bedeutet Abweichen von den Verkehrsregeln und Schaffung von Risiken.

Die Entscheidung darüber, ob mit Sonder- und Wegerechte zum Einsatz gefahren wird, trifft übrigens stets der Fahrer selbst, da er diese auch zu verantworten hat. Die Vorraussetzungen müssen aber immer vorliegen, sonst handelt dieser ordnungswidrig.

Weitere infos auch unter:

§ 35 Sonderrechte

§ 38 Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht

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