40 Jahre Frauenhaus in Würzburg: Ein Rück- & Ausblick
Wuerzburgerleben
18. Dezember 2020

Mitarbeiterinnen des Frauenhauses der AWO Unterfranken. Foto: Stefana Körner
Ein Frauenhaus – wofür soll das gut sein? Diese Frage aus den 1970er-Jahren würde heute niemand mehr stellen. Frauenhäuser sind unabdingbar als Schutz- und Kriseneinrichtungen für Frauen, die in ihrem häuslichen Umfeld Gewalt erlitten haben: Das zeigen die beiden vor 40 Jahren gegründeten Frauenhäuser der AWO Unterfranken und des SkF in Würzburg. Viele Hundert Frauen und Kinder wurden in den vergangenen vier Jahrzehnten vom Team des AWO-Frauenhauses unterstützt.
Hohe Nachfrage an Plätzen im Frauenhaus
Wie viele Frauen Gewalt erleiden, ist schwer zu sagen, denn die Dunkelziffer ist groß. Geschätzt wird, dass etwa jede dritte Frau häusliche Gewalt erlebt. Die Nachfrage an Plätzen im AWO-Frauenhaus war und ist deshalb seit der Gründung der Einrichtung hoch. Wer einmal hinter die Kulissen geschaut hat, wird nie mehr im Zweifel sein, wie wichtig die Einrichtung „Frauenhaus“ ist. „Unsere Frauen sind immer vielen Gewaltarten ausgesetzt, keine hat nur eine einzige Form von Gewalt erlebt“, sagt Frauenhausleiterin Brita Richl. Die meisten Frauen lebten jahrelang in einem „Gewaltkontinuum“, bevor sie ins Frauenhaus flohen.
Für die innere Arbeit bleibt wenig Zeit
Frauen neigen oft dazu, sich in Beziehungen und in der Familie den Bedürfnissen Anderer unterzuordnen. „Sich zu kümmern und zu sorgen, ist noch immer Teil der weiblichen Sozialisation“, erläutert Richl. Veränderungsprozesse im Hinblick auf ein eigenständiges Leben anzustoßen, ist essenzieller Teil der psychosozialen Beratung im Frauenhaus. „Leider haben wir für diese Arbeit immer weniger Zeit“, sagt Richl. Sehr viel sei heute zu tun, allein um die Existenz der Frauen abzusichern: „Außerdem haben sowohl die Frauen als auch ihre Kinder durch das Erleben der häuslichen Gewalt oft große gesundheitliche Probleme.“ Auch darum kümmert sich das Team des AWO-Frauenhauses.
Neues Frauenhaus in Planung
Im Jubiläumsjahr ihrer Einrichtung erfüllt sich für das Team des AWO-Frauenhauses ein großer Traum: Brita Richl lässt ihre langjährige Frauenhauserfahrung in das Raumkonzept eines neuen Frauenhauses einfließen, das voraussichtlich in drei Jahren bezogen werden kann. Dort wird Platz für 13 Frauen und ihre Kinder sein – eine Entwicklung, die schon lange fällig war. Drei Apartments stehen für Rollstuhlfahrerinnen zur Verfügung. Außerdem können Frauen mit Seh- oder Höreinschränkung aufgenommen werden.
Die Arbeit im Frauenhaus von großer Bedeutung
Die gewachsene Bedeutung von Frauenhausarbeit kann man daran ablesen, dass es heute nach jahrelanger Lobbyarbeit des Frauenhausteams und der AWO endlich mehr öffentliche Förderung als vor 40 Jahren gibt. Seit dem vergangenen Jahr steht auch endlich mehr Geld für Personal zur Verfügung. Vor allem aber werden Projekte gefördert, die dazu beitragen, dass noch mehr von Gewalt betroffene Frauen Hilfe erhalten. So begann das Team vor knapp fünf Jahren gemeinsam mit dem Frauenhaus des SkF in Würzburg, pro-aktiv zu beraten. „Kommt die Polizei zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt, werden die Frauen gefragt, ob ihre Daten an uns weitergegeben werden dürfen“, erläutert Richl. Willigen die Frauen ein, werden sie kontaktiert und, so sie auch dies wünschen, psychosozial begleitet.
„Gerade in ländlichen Strukturen, wo das traditionelle Rollenverständnis häufig noch immer dominiert, ist dieser Ansatz wichtig“, erläutert Richl. Frauen aus ländlichen Gebieten empfinden meist große Scham, sich an ein Frauenhaus zu wenden: „Während des ersten Lockdowns kam es ganz klar zu mehr Gewalt in der Familie, doch uns fiel auf, dass weniger Frauen als sonst im Hilfesystem angekommen sind.“ Das habe sie „sehr sorgenvoll gestimmt“, sagt Richl.
Corona: Info zu Frauenhaus wichtiger denn je
Weil nicht zu bezweifeln war, dass sich viele Frauen in Not befanden, klapperte das Team des Frauenhauses die Region ab und deponierte Infomaterial an all jenen Stellen, die während des Lockdowns für Frauen noch erreichbar waren. Das rief zum Teil Verwunderung hervor: „Es gäbe doch heute das Internet als einfache Möglichkeit, in Kontakt zu kommen! Doch das ist zu kurz gedacht“, erläutert Richl: „Wir haben Frauen, die sich überhaupt nicht mit dem Computer auskennen.“ Vor allem Frauen mit Fluchthintergrund könnten oft nicht einmal in ihrer Muttersprache lesen und schreiben.
Weitere Projekte des AWO-Frauenhauses
2019 kam erst wieder ein neues, wegweisendes Projekt hinzu: „Second-Stage“ nennt sich die Initiative. Frauen, die so weit sind, dass sie aus dem Frauenhaus ausziehen können, aber keine Wohnung haben, erhalten im Rahmen eines Übergangsmanagements bei der Wohnungssuche Unterstützung. Eine günstige Wohnung zu finden, ist laut Richl seit Jahren ein Problem. Während sich die Frauen im Frauenhaus psychisch und körperlich stabilisieren und regenerieren, haben Täter im Projekt „FamilyPower“ des AWO-Bezirksverbands die Möglichkeit, sich mit ihren Aggressionen auseinanderzusetzen. Die Täterarbeit von „FamilyPower“ wird 2021 zu einer unterfrankenweiten Fachstelle ausgebaut. Auch das, so Richl, käme letztlich von häuslicher Gewalt betroffenen Kindern und Frauen und deren Sicherheit zugute.
Wer Hilfe benötigt, kann ganz leicht Kontakt zum Team des Frauenhauses aufnehmen. Details wie Postadresse, Telefonnummer etc. findet man hier.
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