18 Jahre webflasher: Was Würzburgs bekanntester Partyfotograf noch wissen will
Manuel Scholze
22. Juli 2022

Andreas Kneitz fotografiert seit 18 Jahren im Nachtleben von Würzburg. Im Interview spricht er auch von einer "dramatischen Veränderung". Foto: webflasher
Wer in den vergangenen zwei Dekaden im Airport, auf dem Boot, im Zauberberg, dem früheren Brauhaus oder auch dem mittlerweile verwitterten Capitol feiern war, wird auf ihn getroffen sein: Diesen großgewachsenen Typ, der im schwarzen Hemd und oft mit orangefarbiger Krawatte den Blitz auslöst. Andreas Kneitz ist als webflasher stadtbekannt, fotografierte im Airport und Capitol jeweils weit über 1000 Nächte und knipst auch heute nach genau 18 Jahren noch Generationen von Feiernden in Würzburg. Das Projekt webflasher ist seit einigen Tagen volljährig und durchlebte eine „gesamte Bandbreite von unendlichen Tiefpunkten bis zu unendlichen Höhepunkten“, sagt Andreas Kneitz.
Mittlerweile habe er rund eine Million Fotos aus dem Nachtleben – überwiegend auf main-ding.de – veröffentlicht. Seine liebste Location war das alte Airport. „Da ist mir die Jägermeister-Rockliga im Soundpark sehr gut in Erinnerung geblieben. Deichkind hatten auch so einen legendären Auftritt. Das war die Originalbesetzung, als es noch richtig wild war. Und die Abende mit Lexy und K-Paul im T1 waren absoluter Wahnsinn, da dachtest du, das Dach stürzt ein. Viele Powerdays waren ebenfalls sehr besonders. Da bin ich immer um 22.15 Uhr reinmarschiert und um 7 Uhr raus, dazwischen war ich kurzzeitig im Capitol zum Fotografieren.“ Seine erste private Feiernacht hatte Kneitz ebenfalls im Airport: bei „Schools out“, einer Feierreihe, zu der tausende Menschen ins Air kamen. Und dort erlebte er auch einen persönlichen Rekordabend.
Damals fand die Schlagerweihnacht trotz passendem Datum, dem 23.12. ausnahmsweise nicht statt. Weil es ein Mittwoch war, gab es stattdessen eine „Schools Out“ für die U-16-Jährigen im Airport. Fotografiert habe er an dem Abend bis zum Exzess, 1026 Fotos landeten damals auf main-ding.de, der Server ging in die Knie und musste an Heiligabend von den IT-Kollegen wieder an den Start gebracht werden.
Das frühe Aufstehen nach einer Partynacht
In Zeiten, in denen die Server noch nicht so stabil, die Kameras nicht so weit entwickelt und auch die Computer lahme Hunde waren, ging Kneitz regelmäßig am Wochenende um 13 oder 14 Uhr ins Bett. Heute ist das ein wenig anders, das Hochladen der Fotos funktioniert schneller, die Sonne geht meist noch nicht auf, wenn webflasher ins Bettchen geht. Den trotzdem ungewöhnlichen Rhythmus steckt der Veitshöchheimer, Baujahr 1979, aber immer noch gut weg. „Ich steh‘ nach einer Fotonacht trotzdem am Morgen auf und mache meine Arbeit“, bilanziert der Partyfotograf trocken. Und so trocken bleibt er auch in den Nächten, denn Alkohol gibt es für den webflasher keinen: „Wie soll ich sonst von einem Club zum anderen kommen?“
Was lässt einen so lange im Nachtleben von Würzburg aktiv bleiben?
18 Jahre sind 936 Wochen und noch sehr viel mehr Partytage und -nächte. In dieser Zeit haben viele das Clubleben längt verlassen, Kinder bekommen, die mittlerweile selbst in den Club gehen können. Der webflasher, der in den Zweitausendern die Partyfotografie in Augsburg entdeckte und in Würzburg dann zunächst für „firstwatch“ fotografierte, ist noch dabei. Und das ist vielleicht so zu erklären: „2004 hat man mich, als ich am ersten Ferienmittwoch im Airport fotografieren durfte, auf einmal angesprochen, dass sich Leute auch fotografieren lassen wollen. Da kamen auf mich, damals Computernerd, auf einmal zwei hübsche Mädchen zu und ich war einfach baff. Der Abend hat Laune gemacht, ich bin durch alle fünf Areas gezogen, ich habe den Abend anders erlebt, als wenn ich mit zwei oder drei Kumpels auf einem Floor gefeiert hätte.“
„Der Erlebniswert ist einfach der Wahnsinn“
Der Kontakt mit Menschen, die er sonst nie kennengelernt hätte, sei das, was ihm am meisten Freude mache. „Dass ich noch unterwegs bin, verstehen viele vielleicht nicht, ich hatte aber ein paar Mal Begleitung wenn ich fotografiert habe und die konnten das dann nach so einer Nacht schnell nachvollziehen. Der Erlebniswert ist einfach der Wahnsinn.“
Was sich in der Würzburger Clubkultur „dramatisch“ geändert habe
Als Zeitzeuge über zwei Jahrzehnte ist der Partyfotograf auch Ansprechpartner, was sich seit den Anfangszeiten des Airports und Capitols verändert hat. Drei große Brüche will webflasher festgestellt haben: Intensive Handynutzung im Club, die aktuelle Generation habe keine eigene Clubmusik und seit die amerikanischen Soldaten aus Würzburg und Schweinfurt abgezogen wurden, hat es Clubs wie dem Capitol „das Genick gebrochen.“
Das will der webflasher unbedingt mal wissen
Trotz den großen Brüchen gibt es für den webflasher immer noch „unheimlich viele positive Erlebnisse“. So habe er Jungs kennengelernt, die zum Fürchten ausgesehen haben und total nett gewesen seien. Und er habe „hinter die Maske von gut geschminkten Damen geblickt, die bei natürlichem Licht ganz anders ausgesehen haben.“
Eines würde ihn aber nach 18 Jahren trotzdem noch interessieren: „Sollte ich in den Himmel kommen, dann werde ich Gottvater eine Frage stellen: ‚Wie viele Kinder wurden im Airport und Capitol auf dem Klo gezeugt? Das ist eine Zahl, die ich gerne wissen wollen würde.‘“
Artikel erschien zuerst auf mainding.de.