Würzburger Großveranstalter erklärt, wie Ticketpreise entstehen
Manuel Scholze
18. Januar 2024

Manfred Hertlein ist seit Jahrzehnten im Geschäft der Großveranstaltungen. Foto: Juliette Hertlein
Wer vergangenes Jahr ein Drei-Tages-Ticket für „Rock im Park“ in Nürnberg ergattern wollte, der zahlte bis zu 300 Euro und damit übersetzt 100 Euro pro Tag. Das sind 70 Euro mehr als im Vergleich zu 2022, die das Festival gegenüber der Tagesschau mit „Preissteigerungen von 45 Prozent in vielen Bereichen“ begründete.
So wie dem Festival „Rock im Park“ geht es einer Menge anderer Großveranstalter. Alles wird teurer, so der Ton der Szene. Irgendwo muss das Geld aber hängen bleiben. Wer verdient also bei einem Konzert oder Festival den Löwenanteil? Das schlüsselt Manfred Hertlein von der gleichnamigen Veranstaltungs-Firma in Würzburg im Interview mit dieser Redaktion auf.
Welche Kosten in einem Ticketpreis stecken und wer den größten Teil erhält
„Bei Einzelkonzerten geben die Künstlerinnen und Künstler einen Preis vor, der dann um die sogenannten örtlichen Kosten, Steuer, Vorverkaufsgebühren und Plattformnutzung beim Ticketverkauf ergänzt wird“, sagt Hertlein. In den örtlichen Kosten würden Mietgebühren und Nebenkosten für das Veranstaltungsareal, GEMA, Plakatierung, Werbung, Aufbauhelfer und beispielsweise die Security stecken. In der Preisvorgabe der Künstler seien Produktionskosten wie Licht, Ton und Technik sowie Gagen enthalten, ein ordentlicher Teil entfalle aber auch auf das Management rund um den Künstler, zu deren Kosten Hertlein eine recht klare Meinung hat: „Es gibt völlig enorme, durchgeknallte Entwicklungen. Ich bin lange im Business und sage aus der Erfahrung, dass viele den Schuss nicht gehört haben.“ Nach der Pandemie habe man sich eigentlich gegenseitig helfen müssen, „die meisten haben hingegen die Gunst der Stunde genutzt, um alles zu erhöhen.“ Den größten Anteil der Kosten bekämen die Musikerinnen und Musiker bei Konzerten und Festivals und deren Berater ab. Teils gebe es erst einmal zwei bis drei Vermittler, die erst verdienen, dann käme der Künstler. Danach käme der Veranstalter, der oft das Risiko trage.
Beispiel des Veranstalterrisikos: Mission Ready Festival
Hertlein veranstaltet eine Vielzahl von Events jährlich, von Konzerten mit Nino de Angelo über Opern und Musicals bis hin zum Rock-Kultevent „Rock meets Classic“. Früher einmal, da brachte er Produktionen von Iron Maiden und Andreas Gabalier in die großen Stadien, Zehntausende kamen. Auch im Festivalbereich ist der Würzburger Großveranstalter aktiv. Das Mission Ready Festival in Giebelstadt gehört ihm. „Dort buche ich Künstler zu festen Gagen, die nicht am Ticketverkauf beteiligt sind. Dort trage ich also das alleinige Risiko. Das war natürlich vor allem dann schwierig, als wir nach Corona wieder loslegen konnten, die Tickets zu den alten Preisstrukturen aber noch vor der Pandemie verkauft waren und gültig blieben. Sowas müsse dann über Getränkepreise aufgefangen werden. „Ich bin kürzlich schon selbst erschrocken, als ich bei einer Produktion von mir in Stuttgart für einen Hamburger 9,50 Euro gezahlt habe. So legen es die Gastronomen dann selbst für sich auch nach den derzeitigen Marktstandards fest, darauf habe ich keinen Einfluss, außer beim besagten Mission Ready.“

Knapp 4000 Menschen waren beim Mission Ready Festival in Giebelstadt 2023 zu Gast. Foto: Silvia Gralla
Preissprünge in der Festivallandschaft – Ticketpreise verdoppelten sich binnen zehn Jahren
Die Preissprünge bei Festivals und Konzerten, die sieht Hertlein auch. „Das liegt tatsächlich an der Kostenstruktur, vor allem an Personalkosten. Aus 25 Euro vor vier Jahren wurden 35 Euro pro Stunde heute, die Hallenmieten und Stromkosten sind nach wie vor auf einem hohen Niveau.“ Er schätzt, dass sich die Ticketpreise in den vergangenen zehn Jahren mindestens verdoppelt haben. Direkt nach dem Ende der pandemischen Beschränkungen hätten Besucherinnen und Besucher auch die neuen Preise mitgetragen, „da hat die Preiserhöhung funktioniert, die häufig von den beiden großen Veranstaltern Live Nation und CTS getrieben waren. Mittlerweile ist aber die Gesamtstimmung negativ, es gibt Krieg, es gibt Rezessionsmeldungen.“ Deshalb sei die Veranstaltungsbranche wieder in einer schwierigen Phase, die mit einem Einbruch der Verkaufszahlen im Oktober 2023 gestartet hätte.
Warum ein Ticket für Elton John oder Helene Fischer heute bis zu 500 Euro koste, das versteht Manfred Hertlein nicht. „Was ich den Ticketkäufern gerne sagen würde: Wenn ihr der Meinung seid, die Preise für größere Stars und Weltstars sind zu hoch, kritisiert das bitte beim Künstler. Der Künstler hat die letzte Entscheidung über einen Ticketpreis. Und ein Künstler, in dem Fall der hohen Kosten meist die Weltstars, die wissen schon auch, dass ihre Tickets 500 Euro kosten. Am Ende sind auch hier die kleineren Acts und Firmen die Leidtragenden. Das ist nicht nur bei Künstlern so, sondern auch bei uns mittelständischen Veranstaltern.“