Capitol-DJ R.O.B über das Gefühl, wenn einen 1000 Menschen euphorisch anschreien
Manuel Scholze
14. Februar 2024

DJ R.O.B alias Roberto Heinrich. Foto: Markus Köller (Party up)
Eigentlich wollte er 2019 den Schlussstrich ziehen. Noch einmal auf der Revival-Party des Capitols in der Posthalle auflegen, seinen Black-Sound vielen Menschen präsentieren. Und dann wirklich die Platten als DJ R.O.B an den Nagel hängen, so wie damals auch kurz zuvor Ende Gelände für die Großraumdiskothek Capitol in Dettelbach bei Würzburg war. „Für mich gab es schließlich nur das Capitol, ich war auch privat selten woanders“, erinnert sich Roberto Heinrich alias DJ R.O.B. Dann juckte es ihn 2022 wieder in den Fingern, dazu werden wir aber später in diesem Text noch kommen.
Wie alle sei er damals gewesen, die im Capitol gespielt hatten: ein Hip-Hop-Freak. Und einer, der die Glanzphase mit vielen amerikanischen Besucherinnen und Besuchern miterlebte und von dieser geprägt wurde. R.O.B grub sich in den Sound von Black- und R’n’B-Musik, nachdem er zunächst als Springer und Lightjockey arbeitete.
„Macht jemand das Licht scheiße, dann legt er auch schlecht auf“
„Ein Arbeitskollege, der selbst Springer war, hat mich ins Capitol gebracht. Den Job als Springer habe ich dann parallel zur Ausbildung gemacht. Schon damals, Anfang der 2000er, hat es mich aber immer ans DJ-Pult gezogen. Und da jeder DJ erst einmal als Light-Jockey anfing, machte ich anfangs das Licht. Da merkt man schließlich, ob jemand Taktgefühl hat. Macht jemand das Licht scheiße, dann legt er auch schlecht auf“, so bringt es Roberto Heinrich auf den Punkt. Taktgefühl hatte er offenbar, schließlich wurde R.O.B binnen kurzer Zeit zu einem der musikalischen Gesichter des Ladens.
„Zunächst waren da DJs wie Gan-G, DJ AL-X oder DJ Sally B, die regelmäßig aufgelegt haben. Die habe ich gefragt, ob ich in der ersten Stunde oder den ersten beiden Stunden mal spielen dürfte. Die haben das erlaubt und so konnte ich Routine bekommen. Und logo war man auch ein bisschen stolz, wenn man die ersten Mädels auf die Tanzfläche gebracht hatte.“ Der damalige Chef Georg Schrade sprach Roberto Heinrich an, ob er nicht einen ganzen Abend füllen wolle. Und so startete eine zehnjährige Karriere im Capitol für DJ R.O.B, die erst endete, als das Capitol selbst Geschichte war.
Heinrich lebte schon zeitweise gar nicht mehr in Kitzingen, sondern nahm den Weg aus der Nähe von Ludwigshafen für Gigs auf sich. Die Liebe zog den gebürtigen Sachsen von Unterfranken in die Pfalz oder auch konkreter: eine ehemalige Schulkameradin, die er nach 15 Jahren wiedergefunden hatte und mit der er heute zusammenlebt. Und die auch heute den „Freizeitstress“ des 38-jährigen Projektleiters gut kennt. Das, was heute die Freunde außerhalb des Clublebens für Roberto ausmachen, das war damals das Capitol. „Ich habe meine ganzen Wochenenden da oben verbracht. Die erste große Liebe dort gefunden und viele Freunde. Ich durfte den Switch zwischen Capitol zur A3 Musicworld miterleben und dann wieder zurück zum Capitol.“
3000 Leute bei Abenden mit Travis Porter, einzigartige Lichttechnik mit Lasershow
Nächte mit DJ Dollar Bill seien besonders gewesen, R.O.B genoss es, wenn er vor den großen Namen auflegen durfte. „Die Größe des Ladens war beeindruckend. Wenn man das ins Verhältnis mit dem Studio oder dem Zauberberg stellt, dann sind dort halt zwischen 200 und 300 Leute. An einem Abend, an dem Travis Porter aufgelegt hat, waren 3000 Leute da. Allein in der Playa (Anm. d. Red: Großer Floor des Capitols) hatten 1800 Menschen Platz. Es gab Licht wie in keinem anderen Club in Würzburg und eine Lasershow. Das war eine andere Liga, wie eine Konzerthalle.“
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„To the window, to the wall“
Da habe es schon Gänsehautmomente gegeben, die „der Wahnsinn“ waren. „Ich habe immer viel mit dem Mikro gearbeitet. Wenn du beispielsweise bei Lil John ‚To the window‘ rufst und dir 1000 Menschen ‚To the wall‘ zurückschreien, dann ist das einfach gigantisch.“

DJ R.O.B gestalte lange Zeit den Hip-Hop im Capitol mit. Foto: Markus Köller (Party up)
Capitol – die Disko-Heimat vieler Kitzinger
Warum eigentlich Capitol? Für Roberto Heinrich war das eine einfache Entscheidung. Viele seiner Freunde seien aus Kitzingen gekommen, wie auch er zu der Zeit. Da sei man eher in den Mainfrankenpark als nach Würzburg gefahren. Darüber hinaus sei das Capitol ein „recht heller, freundlicher Schuppen“ gewesen, „nicht so düster wie andere Clubs“, erinnert sich R.O.B, der später auch im DJ-Team seines „Mentors“ DJ Dollar Bill auflegte und viele weitere Clubs in Deutschland kennenlernen durfte.
Und wenn sein Kitzingen im Club war, gab es unzählige Glanzmomente. „Ich erinnere mich wirklich gerne an die Anfangszeit, als beispielsweise ATB oder Talla 2XLC aufgelegt haben.“ Auch wenn er selbst ein Hip-Hop-Head gewesen sei, höre er heute gerne auch elektronischen Sound aus den 90ern und 2000ern. Und entschied sich als DJ nach einem Neustart in 2022 für etwas ganz anderes: Mainstream. Damit spielt er mal auf Hochzeiten, mal auf Jahrmärkten und heute sehr viel weniger im Club.
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Als DJ R.O.B war er hingegen lange Zeit ein reiner Club-DJ. Früh dabei, lange dabeigeblieben – besser gesagt bis zum Ende. Roberto Heinrich erlebte, wie der Zeitgeist die Großraumdisko verdrängte. „Es war schade, als der harte Cut in der Zeit des Aufschwungs der Shisha-Bars kam. Viele Leute sind dann eher in eine Bar gegangen und haben geraucht. Das war ein Knackpunkt, frei nach dem Spruch ‚Geh nicht fort, sauf im Ort.‘“ Die Menschen, die ins Capitol gingen, sie kamen nicht mehr in dem Maße wie früher. „Als das Capitol dann geschlossen hatte, bin ich hin und wieder vorbeigefahren und habe mir das Gelände einfach so angesehen. Da hat man schon gemerkt, wie das ausgehen wird. Die Fotos auf main-ding.de haben mich schon traurig gemacht, wie der Laden leergeräumt aussah. Man hatte einfach bis zuletzt die Hoffnung, dass das jemand kauft und weiterhin einen Club daraus macht, aber das macht nun mal keiner mit gesundem Menschenverstand.“ Für R.O.B bleiben sie aber, die Erinnerungen an ein lebendiges, prall gefülltes Capitol, das eben eines für ihn war: „Ein klassisches zweites Wohnzimmer.“
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