Fränkische Kulinarik-Kuriositäten, die in Würzburg noch fehlen

Wuerzburgerleben

26. April 2024

schaufeldöner

Ein Döner mit geschnittenem Schäufele. Da kann der Bayern-Döner einpacken. Fotomontage: Julian Mittnacht, Getty Images

Derzeit sorgt ein Bayern-Döner mit Leberkäse-, Weißwurst-, oder Bratwurstspieß für Schlagzeilen. Angesichts dieser kulinarischen Kuriosität fragten wir uns in der Redaktion, ob nicht auch traditionelle fränkische Gerichte völlig neu erfunden werden können, um die international hart umkämpfte Gastronomielandschaft in Würzburg ordentlich aufzuwirbeln. Daher haben wir uns Gedanken gemacht und in der Redaktionsküche fleißig experimentiert.

Herausgekommen sind zehn phänomenale fränkisch-internationale Kulinarik-Kuriositäten, die sicherlich schon bald in der Würzburger Fußgängerzone weggehen werden wie warme Bratwurst-Kipf. Macht euch gefasst auf eine Flammkuchenkreation, die Brücken über den Rhein schlägt, einen Sommerdrink, der wie kein anderer das Lebensgefühl der fränkischen Toskana versprüht und eine saftige fränkische Dönervariante, welche die lächerliche bayerische Leberkäs-Version mühelos in den Schatten stellen wird.

Aperitiv: Most Ribes (Johannisbeere) Spritz – Der Sommerdrink für das Mainufer

Man kann es nicht mehr hören: Spritz hier, Spritz da. Und die nordöstlichen Italienerinnen und Italiener rühmen sich dabei, das Getränk ganz allein in die Welt gesetzt zu haben. Dabei haben als erstes in Venetien stationierte österreichische Soldaten den italienischen Weißwein zu einem „Gespritzten“ gemacht, indem sie ihm unter der heißen italienischen Sonne spritziges Wasser zugegeben haben. Auch in Mainfranken gibt es seit Jahrhunderten, ach, wenn nicht seit Jahrtausenden einen Gespritzten. Und zwar einen gespritzten Most: Herber Apfelwein aus eigenen Äpfeln (und Birnen) – sauergespritzt mit Wasser oder süßgespritzt mit Zitronenlimonade. Um das Ganze schick und hipp der Würzburger Schickeria zu verkaufen und mit dolce Vita und Urlaubsgefühl in Verbindung zu bringen, wird der uralte fränkische Drink etwas verfeinert und umbenannt: Aus dem gespritzten Most wird Most Spritz!

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Die beiden Grundzutaten Apfelwein und spritziges Wasser bleiben bestehen. Bloß wird das neue fränkische Trendgetränk nicht plump in einem Krug, sondern in einem schicken runden Stilglas serviert. Dort kommen natürlich erst einmal dicke Eiswürfel rein und der Glasrand wird mit einer dünnen Birnenscheibe garniert. Sowohl für das Auge als auch für den Geschmack kommt nun eine weitere Zutat hinzu: Ein guter Schuss Johannisbeersaft oder besser -likör (“Ribes” italienisch für Johannisbeere) verleiht dem Getränk eine fruchtig-würzig-süße Note und eine schöne orange-rote Farbe, ähnlich wie beim guten alten Aperol Spritz. Vielleicht geht die Farbnote aber auch schon Richtung Campari-Spritz oder Negroni. Egal. Für die Optik noch ein Rosmarinzweig hinein und fertig ist der Most Ribes Spritz. Direkt am Mainufer genossen, wird dieser Sommerdrink wie kein anderes Getränk das Lebensgefühl in der fränkischen Toskana vermitteln können.

Bratwurst-Sauerkraut-Flammkuchen – Der Renner für Weinfeste und Weihnachtsmärkte

Elsässer Flammkuchen ist ein beliebtes Gericht für alle, die es herzhaft, aber dennoch leicht mögen. Gerne wird die Spezialität aus dem Elsass auf dem Würzburger Weihnachtsmarkt oder beim Weinfest wie dem Hofschoppenfest an der Residenz in Würzburg direkt in der Hand verzehrt. Doch der Flammkuchen ist auch in fränkischer Art möglich. So kommen auf unseren Flammkuchen Bratwurst und Sauerkraut statt Zwiebeln und Speck. Denn fränkischer als Broatwürscht mit Sauerkraut ist höchstens noch das weichgesprochene „t“ und die Heckenwirtschaft. Einfach Sauerkraut und Bratwurst auf die übliche Art zubereiten, die Bratwürste in Scheiben schneiden, das Kraut großzügig abtropfen und beides auf dem Flammkuchenteig verteilen.

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Nur eins fehlt noch vorab: Eweng ä Soß. Und da wollen wir doch auf keinen Fall Sahne zu den Geknickten oder Nürnbergern und dem Kraut dazu geben. Ne, da brauchts natürlich Senf. Da der ganze Teig mit Senf eingerieben ein bisschen intensiv wäre, haben wir an eine Zubereitungsart einer anderen Spezialität gedacht: Kartoffelsalat fränkischer Art. Der wird natürlich auf keinen Fall mit Mayonnaise angemacht. Bloß nit, untersteht euch! Nä, der fränkische Grumbirnsalat wird mit Senf, Gemüsebrühe und Essig angerichtet. Dieser herrliche Sud passt auch super auf unseren Bratwurst-Sauerkraut-Flammkuchen. Nur natürlich nicht ganz so flüssig anrühren wie beim Kartoffelsalat, damit der dünne Teig nicht durchweicht. Wenn das gelingt, schlägt dieses Gericht Brücken: Denn er passt genauso gut zum Federweißer, Kellerbier und Silvaner wie auch zum Glühwein, Bierre Blanche und Chardonnay.

Schäufele-Döner – Schmeckt Deutschen wie Türken

Mal ehrlich: Ein gutes Schäufele zerfällt an der Schulter im besten Fall ohnehin wie das amerikanische Pulled Pork. Warum also nicht das butterweiche Fleisch der Schweineschulter in die typischen Pulled-Pork-Fetzen rupfen und damit eines der kultigsten deutsch-türkischen To-Go-Gerichte auf fränkische Art und Weise pimpen? Döner mit feinster Knoblauchsauce, dazu Schäufele-Fleisch, Zwiebeln und eine Tomate – so mags auch der osmanische Landsmann. Wer hartgesotten ist, der nimmt statt Knoblauchsauce eine angedickte Bratensauce und legt eben keine Tomate, sondern Krautsalat dazu. Den gibts ohnehin schon beim Drehspieß-Mann des Vertrauens und schmeckt eben nicht nur deutschen Kartoffeln, sondern auch internationalem Publikum.

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Blaue Zipfel mit Ketchup – nach Vorbild der Ketchup-Bratwurst vom Marktplatz

Ist das noch eine echte Geknickte? Das titelte die Main-Post erst im April, als bekannt wurde, dass am ehemaligen Knüpfing-Bratwurststand auf dem Würzburger Marktplatz die fränkische Geknickte jetzt auch mit Ketchup angeboten wird. Ein Traditionsbruch? Naaaaaja. Ein echter Traditionsbruch wäre dann schon eher die sauren Blauen Zipfel–Rezepte, die mit der fruchtigen roten Sauce kombiniert werden. Klassischerweise kämen in die Weck dann auch nicht nur die sauren Würste – Rezepte dafür findet ihr massenhaft online – mit Ketchup, sondern auch das Begleitgemüse aus dem Sud wie Zwiebeln und Karotten. Ist dann auch fast gesund so!

Flammkuchenteig plus Bratwust und Sauerkraut ergibt eine kulinarische Kurriosität, die die Brücke zwischen Elsass und Franken schlägt. Fotomontage: Julian Mittnacht, Getty Images

Kloßteignachos mit Wirsing-Guacamole – bald in jeder Cocktailbar in Würzburg

Dieser fränkisch-mexikanische Snack wird der absolute Renner in jeder Cocktailbar von der Sanderstraße bis zur Juliuspromenade. Ob halb und halb oder roh – fränkische Klöße mag ich sowieso! Deshalb werden unsere Nachos nicht aus Maismehl, sondern aus Kloßteig gemacht. Einfach fertige Klöße (oder für Norddeutsche und andere Ahnungslose: „Knödel“) vom Vortag hernehmen und in dünne Scheiben schneiden. Wem die Scheiben zu groß sind, der kann sie halbieren oder vierteln – oder eben gleich vorab kleinere Klöße rollen. Dann ab in den Ofen und knusprig backen lassen.

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Doch was wären unsere Kloßteignachos ohne einen aufregenden Dip? Vergesst Avocados aus Südamerika. Die brauchen beim Anbau sowieso zu viel Wasser und kommen unreif und geschmacksarm über den Ozean zu uns. Wir Franken können für eine peppige Guacamole einfach einen Klassiker unter den Wintergemüsen nehmen: Wirsing (gesprochen: Wöasching). Den Wirsing in Gemüsebrühe schön weichkochen, etwas zerstückeln und die Brühe absieben. Dann gewürfelte Zwiebeln, Tomaten dazugeben mit etwas Sahne (Für Veganerinnen und Veganer Hafersahne), Salz und Pfeffer umrühren, fertig. Halt: Für den frischen Kick gehört in eine original Guacamole noch Zitronensaft. Auch auf diese Südfrucht können wir in unseren Gefilden getrost verzichten, haben wir doch hierzulande fantastischen Weißweinessig. Oder Weißwein ohne Essig – je nach Geschmack. Fertig ist ein exotischer Snack aus heimischen Spezialitäten, der beweist, dass sowohl traditionell fränkisch als auch mexikanisch auch sehr gut ohne Fleisch auskommen kann.

Burgerblootz – Wer braucht schon Burgerbuns?

Burgerrestaurants gibt es mittlerweile an jeder Ecke der Stadt, manche servieren sogar kleine fränkische Geschmackscoleur in ihrem Burger. Wer den Spieß umdreht, verfrachtet einfach den gesamten Burger auf etwas typisch fränkisches: zum Beispiel einen angepassten Zwiebelblootz. Teig haben wir damit als Grundlage schon durch den Blootz, die Zwiebel werden im Fall des Burgerblootz jedoch in Ringe geschnitten und auf den Blootz gelegt. Fehlt nur noch der typische Burgergeschmack auf dem selbstkreierten Burgerblootz! Und so gehts: Burgerfleisch oder vegane Alternative zunächst kurz scharf anbraten und in kleine Streifen schneiden. Diese werden dann auf dem Blootzteig verteilt. Dazu können nach Bedarf Burgerzutaten wie süß eingelegte Essiggurken, Jalapenos, Kraut oder Tomaten auf den Teig gelegt werden. Am Ende wird der Blootz mit den Zwiebeln, dem Fleisch und den anderen Zutaten mit Sandwich- oder Burgerkäse, am besten Cheddar, belegt. 15 Minuten bei 200 Grad in den Ofen, danach je nach Geschmack mit Burgersaucen, Mayo und Ketchup abschmecken. Mit diesem sexy Blootz wird der nächste Federweißerabend der Renner!

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Nürnbercher Lebkoung-Donuts – Cinnamon Roll kann einpacken

Mmmmmmh, legger, Lebkoung! Was zur Weihnachtszeit ohnehin in ganz Franken der Renner ist, kann auch zu anderen Jahreszeiten als Nachspeise punkten. Muss nur eben etwas anders zubereitet sein, um aus einem hippen Store ala Cinnamood herausverkauft werden zu können! Also, was gabs in Würzburg noch etwas zu wenig? Genau, Donut-Geschäfte. Nachdem sich bereits einige Geschäftsleute die Zähne daran ausbissen, braucht es eine Konzeptanpassung. Und die kommt mit ooooriginal Nürnbercher Lebkoung-Donuts. Dafür einfach an Weihnachten eine Jahresration Elisenlebkuchen kaufen, zerbröseln und – nachdem die im Mai bereits furztrocken sein dürften – mit Orangensaft wiederbeleben, zu Donut-Ringen kneten und im heißen Fett rausbrutzeln. Kurios, aufwändig, garantierte Millionen-Euro-Idee für ein Take-Away-Geschäft in der Würzburger Kaiserstraße! Wer ein bisschen mehr Aufwand betreiben möchte, kann natürlich auch einfach eigenen Lebkuchenteig zubereiten und in Donoutform bringen.

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Streuobstwieseneis – heimisches Obst wird zum Renner an den Eisdielen

Eingebettet in Hecken, Nussbäume und Obstbäume, ist das Frankenland für seine Streuobstwiesen bekannt. Rund 30.000 Obstbäume, darunter ganz klassisch Apfel- und Birnbäume bis hin zu ungewöhnlicheren Gewächsen wie Maul- und Elsbeeren, stehen in der Region und sind nicht nur Ernte-Quelle für Säfte, Kuchen und Marmelade, sondern auch wichtiger Lebensraum für Vögel, Bienen und andere Insekten. Höchste Zeit, um daraus ein einzigartiges Eis zu zimmern! Kombiniert werden Zwetschgen und Mirabellen aus Franken als Grundlage für ein cremiges, mit Vanille verfeinertes Sahneeis mit Fruchtstücken und Püree. Nicht nur fruchtig leicht für den Sommer, sondern auch eine Bombe, die nach der Gans mit Klöß an Weihnachten als Nachtisch taugt und in der Form sicher ein fränkischer Renner an vielen italienischen Eisdielen der Stadt werden könnte. Da werden künftig noch viel mehr Touristen nach einer Fahrt auf der Alten Liebe an der Theke Schlange stehen.

Hinweis: In diesem Artikel wechseln sich verschiedene Redakteure dieser Redaktion ab.

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