Kiliani: Darum trifft der Tag der Blasmusik den Zahn der Zeit

Philipp Heilgenthal

12. Juli 2024

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Die Original Wombacher Blasmusik heizte das Kilianifestzelt bereits vergangenes Jahr am Sonntagabend ein. Foto: Philipp Heilgenthal.

2023 kam es auf dem Kiliani zu einem Novum: Erstmals wurdé auf dem Kiliani Volksfest auf der Talavera in Würzburg den ganzen Tag Blasmusik gespielt. In diesem Jahr findet der Tag der Blasmusik sogar zwei Mal statt: am 7. und 14. Juli, jeweils am Sonntag. Der Tag der Blasmusik wird offiziell vom Nordbayerischen Musikbund (NBMB) und der Würzburger Hofbräu präsentiert. Darauf freuen sich nicht zuletzt viele junge Gäste. Doch warum eigentlich? Wie kam es dazu, dass Blasmusik plötzlich so trendy geworden ist? Wir haben Andreas Kleinhenz, den Geschäftsführer des NBMB persönlich gefragt.

Blasmusik hat inzwischen die Mitte der Gesellschaft erreicht

Wer hätte das gedacht, dass einmal Blasmusik bei Würzburg erleben unter die Kategorie „Livestyle“ fallen wird? Doch was jahrzehntelang als verschrobene Musik für spießige alte Leute belächelt wurde, liegt mittlerweile gerade bei immer mehr jungen Menschen voll im Trend und hat inzwischen auch die Mitte der Gesellschaft erreicht.

Blasmusik bekommt auf dem Kiliani eine noch nie dagewesene Aufmerksamkeit

Aus diesem Grund hat sich das Kiliani-Organisationsteam der Würzburger Hofbräu dazu entschieden, der Blasmusik in diesem Jahr eine besonders große Plattform zu bieten. Zwar gehörten Blaskapellen und kleinere Blech- und Holzformationen Besetzungen schon immer zum Musikprogramm auf dem größten Volksfest Unterfrankens. Schließlich passt die Musikrichtung perfekt ins Bierzelt. Aber dass eine Blaskapelle das Abendprogramm gestalten soll, gab es bis vor zwei Jahren noch nie. Der Abend mit der Original Wombacher Blasmusik war damals ein voller Erfolg. Zwar war das Zelt deutlich leerer als an anderen Tagen. Doch es handelte sich um den auch sonst eher schlecht besuchten Sonntag. Und die Blaskapelle wurde ausgiebig gefeiert – vor allem von jungen Zuhörerinnen und Zuhörern. Im letzten Jahr kamen zum Tag der Blasmusik mit fünf regionalen Blaskapellen und der internationalen Spitzenkapelle „Gloria“ aus Tschechien dann schon deutlich mehr Gäste ins Bierzelt. Ein Modell mit Zukunft also.

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Von diesem Anfangserfolg beflügelt, gehen die Veranstalter des Kiliani mit dem Tag der Blasmusik dieses Jahr noch einmal einen Schritt weiter: Den Tag der Blasmusik gibt es gleich im Doppelpack.

Dieses Jahr dürfen sich Blasmusikfans auf dem Kiliani auf noch mehr musikalische Schmankerl freuen. Foto: Philipp Heilgenthal.

Gute Möglichkeit, sich außerhalb der eigenen Bubble zu präsentieren

Käme der „Böhmische Traum“ oder der „Astronautenmarsch“ nicht auch beim breiten Kiliani-Publikum an, hätte niemand der Verantwortlichen dieser Musikrichtung die Möglichkeit gegeben, sich außerhalb der eigenen Bubble auch präsentieren zu können. Warum trifft also Blasmusik gerade genau den Zahn der Zeit?

Eine solche Trendwende der Blasmusik wäre früher undenkbar gewesen

Kaum ein anderer könnte hierzulande diese Frage besser beantworten als Andreas Kleinhenz. Der passionierte Blasmusiker aus Unterpleichfeld spielt seit langer Zeit Trompete, beziehungsweise Flügelhorn in seinem örtlichen Musikverein und ist dort vielfach engagiert. Seit 2010 ist er Geschäftsführer des Nordbayerischen Musikbunds. Zuvor hatte Kleinhenz diese Position 18 Jahre im Jugendverband des NBMB inne. Der Dachverband der Musikvereine in Franken und der Oberpfalz vereint 45.000 Musikerinnen und Musiker. In seiner aktiven Zeit hat er schon vieles erlebt. Aber solch eine Trendwende, wie sie die Blasmusik derzeit erlebt wäre früher undenkbar gewesen.

60.000 Blasmusikfans auf dem Woodstock der Blasmusik

Am besten lässt sich diese Trendwende auf dem „Woodstock der Blasmusik“ beobachten, das Kleinhenz regelmäßig besucht: Auf der viertägigen Party in Oberösterreich spielen über 130 Musikgruppen auf sechs Bühnen (!) moderne oder altbewährte Blasmusik und alle möglichen Spielarten handgemachter blechlastiger Musik. Im vergangenen Jahr traten neben Klassikern wie „Ernst Hutter und die Egerländer Musikanten“ unter anderem die weltweit bekannte oberbayerische Band Labrassbanda auf. Und zwar keineswegs vor leeren Wiesen: Denn was 2011 bereits mit 8.000 Gästen anfing, schwoll auf mittlerweile über 60.000 Besucherinnen und Besucher an. Dabei sind die meisten Festivalgängerinnen und -gänger des Woodstock der Blasmusik im Alter von 20 bis 30 Jahren. „Es ist echt der Wahnsinn, was hier abgeht!“, schwärmt Kleinhenz. „Man trifft hier so viele begeisterte, musikalische junge Leute.“ Was die Besucherinnen und Besucher unter anderem letztendlich mitreißt: Es ist ein großes Miteinander. An jeder Ecke wird selbst musiziert. So spielten beispielsweise 2018 schätzungsweise 16.000 Musikantinnen und Musikanten zusammen „Tage wie diese“ von den Toten Hosen:

Frische junge Besetzungen mit hoher Qualität haben das Image erheblich aufpoliert

Frische, junge, kleine Besetzungen wie Viera Blech oder da Blechhauf’n, die selbstverständlich beim Festival auch dieses Jahr beim Woodstock der Blasmusik auf der Bühne stehen, trugen viel zum positiven Imagewechsel von Blasmusikszene bei. Bei solchen Formationen spüre man am besten, wie die Qualität der Musik seit einigen Jahren stetig zugenommen hat. Kleinhenz: „Die schauen, was gerade angesagt ist, passen sich ihrem Klientel an – meist bodenständige Leute vom Land – und integrieren das in ihre Musik und in ihrem Auftreten.“ Das spricht natürlich junge Musikerinnen und Musiker an, die plötzlich stolz darauf sein können, selbst in einer Blechformation zu spielen. Gerade dies macht Blasmusik für viele besonders greifbar und macht diese handgemachte Musik zum Gegentrend von künstlich erzeugten Klängen wie in der elektronischen Musik. „Kein Blasmusiker wird den ganzen Tag nur Blasmusik hören. Aber das, was er selbst spielen kann, hört er einfach gerne“, meint der Geschäftsführer des Dachverbands. In der Folge sind durch die modernen Pioniere auch traditionelle Gruppierungen wie die Egerländer Musikanten und alte Lieder wie die Vogelwiese bei immer mehr Menschen angesagt.

Regionalität ist immer angesagter

Was ansonsten der Blasmusikszene entgegenkomme, sei der Trend hin zur Regionalität. „Da sind wir in Nordbayern sehr gut aufgestellt“, betont Andreas Kleinhenz. Schließlich gilt Franken als die Region mit der weltweit höchsten Dichte an Blaskapellen und Musikvereinen. Nicht zuletzt kommen alle an den Tagen der Blasmusik auftretenden Blaskapellen direkt aus der Region Mainfranken. Das schaffe beim Publikum eine gewisse Verbundenheit und Stolz. Dies gepaart mit der breiten Palette an Strömungen und Einflüssen der Blasmusik mache diese Art des Musizierens derzeit immer beliebter, behauptet der Geschäftsführer des NBMB.

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