Uni-Fachschaft zeigt Feuerzangenbowle-Film nicht mehr
Paula Schurbohm
5. Dezember 2024

Feuerzangenbowle. Foto: Pascal Höfig
Die medizinische Fachschaft der Universität Würzburg lädt schon seit Jahren zum Feuerzangen-Bowle-Abend ein. Auch dieses Jahr findet er am 06. Dezember statt. Jedoch mit einer gravierenden Neuerung: auf die Präsentation des Films „Die Feuerzangenbowle“ wird verzichtet. Der Grund dafür liegt nicht beim Ursprung der Komödie, sondern ist vielmehr brandaktuell.
Kultfilm zur Weihnachtszeit, auch an der Uni Würzburg
„Die Feuerzangenbowle“ ist Kult und gehört für viele zur Weihnachtszeit wie das gleichnamige Getränk oder „Stille Nacht“ und „Oh du Fröhliche“. Besonders an Universitäten wird der Film zur Unterhaltung gerne in der Vorweihnachtszeit gezeigt. Dabei wird die Filmvorführung regelrecht zelebriert mit Taschenlampen, Wunderkerzen zur Interaktion und natürlich Feuerzangbowle. Auch bei der medizinischen Fakultät der Universität Würzburg gehörte ein Filmabend mit der Komödie mit Heinz Rührman jedes Jahr vor Weihnachten dazu wie das Amen in der Kirchen. Doch dieses Jahr soll die Feuerzangenbowle erstmals einem anderen Film weichen.
Rechte des Films bei AfD-Mitglied
Als Begründung verweist die Fachschaft in einem Instagram-Post auf einen Artikel der Süddeutschen Zeitung (SZ) mit dem Titel „Wenn Nazis lachen“. Hier wird anlässlich des 80. Geburtstags des Films darüber aufgeklärt, welche nationalsozialistischen Hintergründe die Komödie aus der NS-Zeit aufweist. Doch letztlich ausschlaggebend für den Verzicht auf den Film ist für sie folgender Hinweis im Artikel: Die Rechte für die öffentlichen Vorführungen des Films „Die Feuerzangenbowle“ liegen inzwischen beim Goldie-Filmverleih der Münsteranerin Cornelia Meyer zur Heyde, überzeugtes AfD-Mitglied. Die SZ schreibt, „dass praktisch jede öffentliche Vorführung zu einer Art AfD-Spendengala“ werde. Zudem hat der Filmverleih selbst in der Hand, wann der Film gezeigt werden darf. So nahm sich Meyer zur Heyde jüngst bereits mehrmals raus, Fimvorführungen mit einer historisch-kritischen Einordnung zu untersagen. Für die medizinische Fachschaft der Universität Würzburg sei auf jeden Fall der ausschlaggebende Grund gewesen, den Film nicht mehr vorzuführen.
Abend mit Feuerzangenbowle bleibt – Abstimmung über Film
Auch, wenn der Film „Die Feuerzangenbowle“ nicht mehr gezeigt wird, müssen die Studierenden nicht auf das alljährliche „Trinkspiel“ und leckere Feuerzangenbowle zum Trinken verzichten. Der Abend findet wie die Jahre davor mit allem Drum und Dran statt, lediglich der Film ändert sich. Welcher Film in diesem Jahr gezeigt werden soll, durfte die Instagram-Community bei einer Abstimmung selbst entscheiden
Unikino zeigt „Die Feuerzangenbowle“
Der studentische Filmclub Würzburg, der auf dem Campus Hubland Süd regelmäßig günstige Kinoabende für Studierende veranstaltet, zeigt den beliebten Film dagegen auch dieses Jahr. Am Dienstag, dem 10. Dezember findet die Kultveranstaltung im Max-Scheer-Hörsaal statt, die bereits ausverkauft sein dürfte. Studierende und Hochschulangehörige müssen auf die schon traditionelle Vorstellung somit nicht verzichten. Mit Taschenlampe, Wunderkerze und der leckeren Feuerzangbowle können sie hier die ganz besondere Vorstellung genießen – wenn sie denn eine Karte dafür bekommen (haben).

Im Max-Scheer-Hörsaal wird der Film „Die Feuerzangenbowle“ wie jedes Jahr vorgeführt und zelebriert. Foto: Patty Varasano
Nicht nur in Würzburg diskutieren verschiedene Veranstalterinnen und Veranstalter darüber, ob der Film „Die Feuerzangenbowle“ in der heutigen Zeit noch einfach so gezeigt werden sollte. Bei diversen Unikinos, in der SZ, dem Spiegel und weiteren Medien wird über den 1943 gedrehten Film heiß diskutiert. Einerseits kommen einige zu dem Entschluss, dass der Film nicht mehr kontextlos öffentlich gezeigt werden sollte, und streichen ihn aus dem Programm. Andere sehen dahinter keine große Problematik und sehen den Film als kulturelles Gut an.
Hintergrund: Durchhaltefilm in der Enphase des Zweiten Weltkriegs
Die Debatte geht dabei um einiges mehr als um den momentan hochaktuellen Punkt, dass die öffentlichen Vorstellungen der AfD in die Karten spielen: Der Film „Die Feuerzangenbowle“ erschien 1944 in der Endphase des Zweiten Weltkrieges und der Vernichtungsmaschinerie des NS-Regimes. Wie bei allen Filmen zu der damaligen Zeit wurde er vom Propagandaministerium unter der Leitung von Joseph Goebbels freigegeben. Aufgabe des Films war es laut dem Schauspieler Heinz Rühmann, die schwersten Existenzsorgen der bedrückten Zeitgenossen aufzuheitern und sie aus einer Atmosphäre von Pessimismus und Mutlosigkeit zu befreien, indem man sie mit frischer Hoffnung und neuer Energie vollpumpt. Ein klassischer Durchhaltefilm also, der mit seinem bidermaierischen Bild einer früheren heilen Welt, die es so nie gab, von den ständigen Bombenangriffen zu dieser Zeit ablenken sollte. Dies wäre eine wichtige Waffe, mit der man den Sieg im Kampf ums Dasein erringen vermöge.
Der Film galt lange als harmlos, da er nicht wie in anderen Werken viele offensichtliche Propagandaszenen beinhaltet. Aus Sicht von Kritikern macht besonders das ihn allerdings alles andere als harmlos. Im Film selbst finden sich zum Beispiel in der Person des autoritären Oberlehrers Dr. Brett die Vorstellungen und Überzeugungen der Nationalsozialisten wieder. Dieser befindet, man müsse die jungen Menschen wie junge Bäume mit Disziplin als Band in der Erziehung an sich binden, damit sie alle schön gerade wachsen. Auch einige weitere Darstellungen und Behandlungen anderer Figuren zeigen einen deutlichen nationalsozialistischen Einfluss auf den Film, wie zahlreiche Filmwissenschaftler zum Ergebnis kommen, ohne den er zu dieser Zeit wohl nicht bewilligt geworden wäre.
Im Privaten auch ohne AfD-Unterstützung schaubar
Wer jetzt selbst den Goldie-Filmverleih wegen seiner AfD-Nähe nicht unterstützen möchte, auf den lustigen Film mit „Pfeiffer mit drei f“ aber eigentlich nicht verzichten möchte, kann aufatmen. Denn die AfD-Frau Cornelia Meyer zur Heyde sicherte sich von Leo Kirch nur die Rechte für öffentliche Aufführungen des Films, während Kirch die TV- und DVD-Rechte behielt. Wer also den Film zuhause – egal ob alleine oder mit Freunden – schaut, unterstützt damit weder Meyer zur Heyde noch die AfD.
Wer sich für die kritischen Hintergründe zur Feuerzangenbowle interessiert, findet hier den Artikel der SZ.