Satirische Jahresvorhersage: Was 2025 Würzburg drohen könnte 

Philipp Heilgenthal

2. Januar 2025

Grafeneck

Südseite vom Grafeneckart Foto: Paula Schurbohm

Was bringt das neue Jahr für Würzburg? Mit der Oberbürgermeisterwahl, dem neuen Versuch des Aufstiegs der Würzburger Kickers in die dritte Liga und vielen weiteren Ereignissen könnte das Jahr 2025 schicksalhaft und richtungsweisend werden. Einen satirischen Jahresrückblick kann jeder. Wir haben daher mit einem Augenzwinkern in die Glaskugel geschaut und uns an eine satirische Jahresvorausschau für Würzburg gewagt. Folgende Themen könnten uns 2025 zum Lachen und Kopfschütteln bringen.  

Multifunktionsarena wird “Beate Uhse Arena” heißen 

So soll die schicke Multifunktionsarena in Würzburg einmal aussehen. Visualisierung: Brückner & Brückner Architekten

Januar: Um die hohen Kosten der geplanten Multifunktionsarena zu senken, diskutieren die Verantwortlichen um ein Namessporsorship. So hat sich für die Planung zuständige Zukunfsstiftung Würzburg bereits auf die Suche nach potenziellen Sponsoren begeben und stellt sie Ende Januar dem Stadtrat vor. Schon gibt es gegen den ersten möglichen Namenspaten heftige Proteste. Die SPD-Fraktion, zu der bis 2020 der noch-Posthallenbetreiber Jojo Schulz gehörte, würde einer “Deutsche Post Arena“ niemals zustimmen, da der Name in die Irre führen würde, dass es sich dabei um einen Nachfolgestandort der Posthalle handeln würde, die Ende dieses Jahres abgerissen wird. Der zweite Vorschlag sorgt vor allem in der CSU-Fraktion für Empörung: “Beate Uhse Arena”. Die Zukunftsstiftung Würzburg argumentiert, in Würzburg gebe es mit dem Sportgelände der FT Würzburg bereits eine “Beate Uhse Kampfbahn” und der weltoffene Verein hätte jahrelange gute Erfahrung mit der Werbepartnerschaft des Erotikunternehmens gemacht. Schließlich können die Fraktionen von CSU und AfD überstimmt werden, die mit dem provokanten Namen für die Multifunktionsarena einen Moralverfall in Würzburg befürchten. Letztendlich bringe eine Kooperation mit dem Erotikshop von allen potenziellen Namenspaten mit Abstand am meisten Geld ein, so die Zukunftsstiftung.  

Guerrillaaktion für Barbara Stamm 

Anfang November 2024 wurde der Höchheimer Steg zwischen Margets- und Veitshöchheim eröffnet. Foto: Silvia Gralla

Februar: Im benachbarten Veitshöchheim geht es bei Fastnacht in Franken wieder einmal hoch her. Höhepunkt der erfolgreichsten Sendung aller dritten Programme ist eine aufsehenerregende Guerrillaaktion aller Akteurinnen und Akteure, die am Ende der Sendung die Mainfrankensäle verlassen und zum neu eingeweihten, gleich nebenan gelegenen Höchheimer Steg marschieren. Dort bringen sie ein Schild mit „Barbara-Stamm-Steg“ an. Die Karnevalisten begründen ihre Aktion damit, ihr ehemaliger, verstorbener „Stammgast“ hätte Zeit ihres Lebens Brücken geschlagen. Außerdem könnten sie es nicht ertragen, dass Stamms Heimatstadt Würzburg noch nichts nach der großen Politikerin benannt habe, während es in München bereits eine Barbara-Stamm-Straße gibt. Die Antwort aus dem Würzburger Rathaus auf die närrische Kritik kommt prompt: „Dafür haben wir in Würzburg keine Stammstrecke“, sagt der dahinscheidende Oberbürgermeister Christian Schuchardt mit Anspielung an das Münchner Milliardengrab.  

Würzburger Faschingszug politisch brisant und interessant wie ein Sack Reis 

Motivwagen desWürzburger Elferrats. Foto: Silvia Gralla

März: Fasching ist in Deutschland allgemein schon immer hochpolitisch gewesen. Manch eine Büttenrede hatte mehr Einfluss auf das Wahlvolk als Reden hochrangiger Politikerinnen und Politiker im Bundestag. Nur beim Würzburger Faschingszug hält man sich – ganz anders als in Düsseldorf, Mainz oder auf so manchem Dorffasching – nur allzu brav raus aus der politischen Satire. Doch in diesem Jahr liegen allerhand politische Themen für den Fasching in Würzburg auf der Hand: Ampel-Aus und vorgezogene Neuwahlen, Oberbürgermeisterwahl, Multifunktionsarena, russisches Roulette im Kommunalunternehmen des Landratsamts Würzburg, und und und! Doch politische Themen sind den Würzburger Fasenächterinnen und Fasenächtern auch 2025 einfach zu heikel. Als einzige politische Botschaft ist am Faschingssonntag von einer kleinen, als Bauarbeiter verkleideten Gruppe zu lesen: „Die Baustellen in Würzburg dauern viel zu lang, die nehmen wir jetzt selbst in die Hand“. Na dann, Tusch: tötöö, tötöö, tötöö!  

WVV gelingt der Aprilscherz des Jahrhunderts 

Straßenbahn in Würzburg. Foto: Pascal Höfig

Symbolbild Straßenbahn in Würzburg. Foto: Pascal Höfig

April: Ganz Würzburg lacht sich schlapp über den besten Aprilscherz seit zehn, nein, 100 Jahren: In einer Pressemitteilung schreibt die WVV, sie könne doch schon in diesem Jahr – wie noch bis 2023 planmäßig vorgesehen – mit den Arbeiten an der Straßenbahnlinie 6 beginnen. Dabei brauche man dank exzellenter Vorplanung nur zwei Jahre Bauzeit und die Baukosten würden sich dadurch um 20 Milliarden Euro verringern. Die Erklärung am darauffolgenden Tag, dass es sich dabei um keine ernstzunehmende Meldung handelte, hätte sich das Kommunalunternehmen getrost sparen können. Während sich die ganze Stadt noch vom Bauchmuskelkater durch den hervorgerufenen Lachanfalls erholt, bekommt niemand mit, dass die WVV klammheimlich den Start der Bauzeit der Linie 6 auf 2029 verschiebt, wo sie doch erst im Dezember 2024 von 2026 auf 2027 verschoben wurde. Diejenigen, die es doch mitbekommen, fühlen sich an die heiligen drei Könige erinnert, die jedes Jahr auftauchen, um die Jahreszahl an den Haustüren zu überpinseln.  

Fußball: Zwischen Würzburg und Schweinfurt herrscht Krieg 

Pyrotechnik im Würzburger Fanblock. Foto: Pascal Höfig

Mai: Wer immer noch nicht davon überzeugt ist, dass Fußball wichtiger ist als eine Sache, bei der es um Leben oder Tod geht, der muss nur das Saisonfinale in der Regionalliga Bayern abwarten. Mainfranken steht Kopf, die Lager Würzburg und Schweinfurt sind so schlimm verfeindet wie nie zuvor. Trotz einer beachtlichen Aufholjagd in der Rückrunde, haben die Würzburger Kickers die Meisterschaft um Haaresbreite verpasst und damit ein weiteres Mal den endlich angestrebten Wiederaufstieg in die 3. Liga abermals vermasselt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, stehen ausgerechnet die Schnüdel aus Schweinfurt auf Platz eins. Eigentlich hätte der FC Schweinfurt 05 auf den Aufstieg verzichten müssen, da sie die Lizenz für die 3. Liga unter normalen Umständen niemals erhalten hätten. Doch den Grün-Weißen ist der Aufstieg und vor allem der Nichtaufstieg der Erzrivalen aus Würzburg so wichtig, dass sich ein Bündnis aus Unternehmen, reichen Privatleuten und der eigentlich klammen Stadt Schweinfurt findet und einen großzügigen Finanzierungsfond namens „Nummer eins in Unterfranken“ auf die Beine stellt. Die Kickers bleiben damit in der Regionalliga und müssen endgültig ihren Profifußball einstellen. Schweinfurt steigt dadurch zwar sportlich auf, wirtschaftlich entpuppt sich der trotzige Finanzierungsplan für die ohnehin krisengebeutelte Industriestadt jedoch als drastischer Abstieg. Die Beziehungen der beiden Städte sind so zerrüttet, dass der Würzburger Stadtrat sogar alles daransetzt, Schweinfurt wieder aus dem NVM Verkehrsverbund hinauszuschmeißen – und zwar nur die Stadt Schweinfurt.  

Rameen präsentiert seinen politischen Fahrplan für Würzburg 

Bekennt sich nicht nur im Video zu „Frankenlied“ offen zu seiner fränkischen Heimat: Rapper Rameen aus Würzburg-Zellerau. Screenshot: Philipp Heilgenthal

Juni: Nach einer regelrechten Wahlkampfschlammschlacht, bei der ein Kandidat nach dem anderen in schwerwiegende Fettnäpfchen trat, konnte sich am Ende völlig überraschend ein politischer Außenseiter durchsetzen. Nun, im Juni, stellt Balkonrapper Rameen sein politisches Programm für Würzburg vor: Als erstes soll das Rathaus in einen Mietblock in der Zellerau verlegt werden. „Würzburg auf die 1“ soll offiziell zur Hymne der Stadt erklärt werden. Mit einer Reihe neuer Musikfestivals möchte der Rapper Tourismus, Gastronomie, Eventbranche und natürlich nicht zuletzt die Kulturszene ganz neu beleben. Außenpolitisch möchte sich der tief fränkisch verwurzelte Zellerauer natürlich für ein Bundesland Franken stark machen und dafür Verbündete in allen fränkischen Regionen sammeln. Und der neue Oberbürgermeister möchte Kommunalpolitik für die Bevölkerung nahbarer machen. Als ersten Schritt in diese Richtung, wird der Wenzelsaal im Grafeneckhart zur zweiten Drinnenbühne des Umsonst & Draussen Festivals. Main Act an allen vier Tagen – wer kann’s erraten? – ist Rameen.  

Rameens Frankenlied 2.0: Neue Hymne als Rap

Neuer Oberbürgermeister rappt fast verbotenes Lied auf dem Kiliani 

Wie viele Bierzeltlieder fallen weg, wenn das Verbot von "Layla" und "Olivia" zuende gedacht ist? Foto: Silvia Gralla

Party im Kiliani-Festzelt. Foto: Silvia Gralla

Juli: Es ist Kiliani-Zeit in Würzburg und wieder entbrennt die Debatte über das Verbot von Bierzelt-Hits. Diesmal möchte der Stadtrat den neuen Nummer Eins Hit „Alles Lose in der Hose“ des Ballermannsängers Ikke Hüftgold verbieten. Doch sie haben die Rechnung nicht mit dem neuen Oberbürgermeister Rameen gemacht. Denn diesem liegt als Künstler die Kunstfreiheit besonders am Herzen, weshalb er sich bei dem geplanten Aufführverbot querstellt. Die Debatte geht so weit, dass sie Würzburg in eine handfeste Regierungskrise stürzt. Denn Rameen droht mit einem Boykott seiner Arbeit, wenn der Stadtrat für den Verbot der Aufführung von „Alles Lose in der Hose“ auf dem Kiliani stimmt und erzwingt so vorgezogene Neuwahlen des Stadtrats. Die große Krise kann mit einem Kompromiss gerade noch so abgewendet werden: Der Stadtrat beschließt, das Lied darf nur in Rameens eigener leicht entschärften Hip-Hop-Version auf dem Kiliani aufgeführt werden – und zwar nur vom Oberbürgermeister persönlich.  

Gewaltiges Sommerloch auf der Baustelle Nürnberger Straße 

Baustelle in der Innenstadt an Straßenbahngleisen Foto: Daniel Peter

Auch dieses Jahr bekommt Würzburg ein großes Sommerloch – im wahrsten Sinne des Wortes –, dass abermals lange über den Sommer hinaus zu sehen sein wird. Nach der monatelangen Baustelle vor dem Grafeneckart, die im August 2024 begann, ist im August 2025 ein noch größerer Krater zu sehen. Anders als im Vorjahr, war dieses Sommerloch jedoch nicht von langer Hand geplant. Infolge der Bauarbeiten am letzten alten Abschnitt der Nürnberger Straße, stürzt die marode Straße zehn Meter lang, anderthalb Meter breit und fünf Meter tief in den Untergrund. Grund dafür ist eine von den Bauherren völlig unterschätzte Karsthöhle unterhalb des Weges. Die Folge: Die Nürnberger Straße wird monatelang vollgesperrt sein. Immerhin verletzte sich glücklicherweise niemand bei dem Absacken der Straße.  

Baustellen-Map für Würzburg

Superstar auf dem Stramu enttäuscht die Massen

Bühne in der Schönbornstraße beim Stramu Festival 2022. Foto: Ulises Ruiz

Bühne in der Schönbornstraße beim Stramu Festival. Foto: Ulises Ruiz

September: Für das Stramu ist im Vorfeld ein Hammer-Act angekündigt worden: Der selbsternannte Pop-Poet Max Giesinger kommt in die Würzburger Fußgängerzone. Laut eigener Aussage möchte er endlich mal wieder seinem Publikum besonders nahe sein und ganz ursprünglich nur mit einer Gitarre begleitet und mit einem einfachen Mikrofon singen und seine Stimme für sich sprechen lassen. Der Auftritt des Superstars auf dem größten Straßenmusikfestival Europas lockt Scharen nach Würzburg. Doch die enorme Menschenmasse vor dem Domplatz wendet sich nur allzu schnell von dem Superstar ab, als sie merken, dass er ohne all den Fassaden des Popgeschäfts musikalisch einfach nicht mit den eigentlichen Straßenmusikern und -musikerinnen mithalten kann.  

Voreiliges Verbot aller Ersti-Rallyes 

Erstsemster bei der Stadtrallye. Foto: Amelie Reigl

Erstsemster bei der Stadtrallye. Foto: Amelie Reigl

Oktober: Trostlosigkeit und ein flächendeckender Blues machen sich über Würzburg breit. Nach zahllosen ausgearteten Exzessen hat die Uni Würzburg einen Schlussstrich gezogen und vor Semesterbeginn ein allgemeines Verbot der klassischen berühmt-berüchtigten Ersti-Rallyes ausgesprochen. Das betrübt nicht nur die direkt davon betroffenen neuen Studentinnen und Studenten sowie die Mitglieder der Fachschaften, sondern auch die Einheimischen Würzburgs, haben sie doch Anfang Oktober ohne die Ersti-Rallyes gar nichts mehr, worüber sie sich unbeschwert beschweren können. Da macht es ihnen das Wetter auch nicht gerade einfacher, dass der Stadt einen goldenen Herbst beschert. So nervig, wie die grölenden, saufenden Meuten für viele auch waren, so gehören sie doch zu Würzburg wie der Brückenschoppen und die Häfelesmesse. Schließlich wird den Würzburgerinnen und Würzburgern diese im ansonsten ohnehin völlig ereignisarmen Oktober unerträglich. 

Da spielen sich plötzlich unglaubliche Szenen ab: Scharen von Rentnerinnen und Rentnern spielen Bierpong im Ringpark. Passantinnen und Passanten machen in der Fußgängerzone einen Tornado mit ihren vollen Bierflaschen und liefern abstruse Karaoke-Performances ab. Und schließlich ziehen Brückenschoppen-Stammgäste aller Altersklassen blank und bilden auf der Alten Mainbrücke Kleiderketten. Auf einmal ist sich die Universitätsleitung ganz schnell mit den Fachschaften einig: Solch schockierende Szenen dürfen sich in Würzburg niemals wiederholen! So wird das Ersti-Rallye-Verbot gleich wieder aufgehoben.  

Reinheitsgebot für Winzerglühwein vs. „Winterglühwein“  

Eine Tasse Glühwein gehören für viele Besucher auf dem Würzburger Weihnachtsmarkt einfach dazu. Foto: Silvia Gralla.

November: Um ihren Winzerglühwein von den industriell gefertigten Glühweinen aus verschiedenen Weinverschnitten noch mehr abzugrenzen, einigen sich die fränkischen Winzerinnen und Winzer erstmals auf ein Reinheitsgebot für Winzerglühwein. Im Vorfeld gibt die GWF und Co. Unsummen für eine regionale Marketingkampagne aus, in der die Qualität und die völlig neue Transparenz ihres Heißgetränks in höchsten Tönen angepriesen wird. Doch die Konkurrentinnen und Konkurrenten auf dem Würzburger Weihnachtsmarkt, der am 28. November beginnt, wären keine echten Marktleute, wären sie nicht gewitzte Marketingexpertinnen und -experten, wenn ihnen nicht ein genialer Trick einfallen würde. Prompt verkaufen die anderen Glühweinstände ihren gepanschten, heißen, zuckerhaltigen Wein als „Winterglühwein“. Die Winzerglühweinverkäufer und -verkäuferinnen (nicht Winter-) schäumen vor Wut und die Besucherinnen und Besucher sind vollends verwirrt, was jetzt was ist und wofür steht. 

Abrissparty mit Vorschlaghämmern in der Posthalle 

In der Posthalle in Würzburg wird im Dezember 2025 definitiv zum letzten Mal gefeiert. Foto: Silvia Gralla

Dezember: Jetzt ist endgültig Schluss. Wie bereits im Februar 2023 angekündigt, schließt die Posthalle im Dezember 2025 endgültig, um Platz für Büros und Wohnungen zu schaffen. Auf der letzten Party will Betreiber Jojo Schulz mit allen Gästen noch einmal richtig die Sau rauslassen und die Hütte abreißen – im wahrsten Sinne des Wortes. Gegen einen Aufpreis kann man sich zur allerletzten Partyeinen Vorschlaghammer ausleihen, wahllos auf die Wände einschlagen und damit seiner Wut freien Lauf lassen. Dazu läuft „Remmi Demmi“ von Deichkind in Dauerschleife. Schulz ist von der skurrilen Idee überzeugt: „Wir verfolgen hier einen therapeutischen Ansatz zur Aggressionsbewältigung und gleichzeitig tun wir der Beethoven Gruppe einen Gefallen, indem wir ihnen die bevorstehende Arbeit erleichtern.“   

 

 

 

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