Erstes queeres Schweinfurter Prinzenpaar im Interview
Paula Schurbohm
23. Januar 2025

Schweinfurter Prinzenpaar 2025. Foto: Thomas Firsching
Mit einem lauten „Helau“ startet Schweinfurt in die fünfte Jahreszeit. Ganz vorne mit dabei sind Frank Fischer und Thorsten Schmälzle aus Poppenhausen, die dieses Jahr Schweinfurt als Prinzenpaar regieren. Unter dem Motto „Lebe bunt, lebe froh! Pfleg die Haare sonst hast‘ Stroh“ starten die beiden ihre Faschingskampagne. Wer die beiden sind, wieso sie laut eigener Aussage genau die richtigen für den Posten sind und was sie so an der Faschingszeit lieben, haben wir in einem Interview herausgefunden.
Schweinfurt City (SwC): Erzählt doch gerne ein bisschen über euch und euer Leben, damit Lesende ein besseres Bild von euch als Personen bekommen. Wie habt ihr euch kennengelernt und was hat euch zusammengebracht?
Thorsten & Frank: Wir haben uns 2009 auf dem Weihnachtsmarkt in Bamberg kennengelernt. Es war ein kalter Winterabend, und während der Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln in der Luft lag, sind wir zufällig ins Gespräch gekommen. Was uns zusammengebracht hat, war die Liebe, die sich im Anschluss nach und nach entwickelte.
In den letzten 15 Jahren haben wir viele gemeinsame Erinnerungen geschaffen und Momente geteilt, die uns noch enger verbunden haben. Dieses Jahr, nach all der gemeinsamen Zeit und den Erfahrungen, die wir gesammelt haben, werden wir endlich heiraten. Es fühlt sich an, als ob sich ein Kreis schließt, und wir freuen uns darauf, das nächste Kapitel unseres Lebens gemeinsam zu beginnen.
SwC: Seit wann seid ihr wo und inwieweit im Fasching engagiert?
Frank: Thorsten begann sein Engagement im Fasching in Poppenhausen, wo er bei den Frauenbundsitzungen aktiv wurde. Später stieß auch ich dazu, und gemeinsam sind wir mittlerweile fester Bestandteil des Programms. Neben den Frauenbundsitzungen haben wir auch bei den Schützen und beim Pfarrfasching mitgewirkt. Seit dem 01.01.2025 sind wir nun stolze Mitglieder der ESKAGE in Schweinfurt. Dort setzen wir unser Engagement mit viel Enthusiasmus fort und freuen uns darauf, die Faschingsfreude weiter zu verbreiten und Teil der lebendigen Faschingskultur zu sein.

Fröhliche Musikanten auf dem Schweinfurter Faschingszug. Foto: Silvia Gralla
SwC: Was bedeutet für euch persönlich die närrische Zeit? Was macht Fasching in und um Schweinfurt so besonders und schön?
Thorsten & Frank: Für uns persönlich bedeutet die närrische Zeit eine wunderbare Gelegenheit, dem Alltag zu entfliehen, Freude zu verbreiten und Gemeinschaft zu erleben. Der Fasching bietet die Möglichkeit, kreativ zu sein, in andere Rollen zu schlüpfen und unbeschwert zu feiern. Besonders in und um Schweinfurt ist der Fasching so schön und besonders, weil er die Menschen zusammenbringt. Die lokalen Traditionen, die herzliche Atmosphäre und die vielfältigen Veranstaltungen machen diese Zeit zu einem Highlight im Jahr.
Die enge Verbundenheit der Menschen und das gemeinsame Feiern von Jung und Alt schaffen ein einzigartiges Gemeinschaftsgefühl. Es ist die Freude der Menschen, die festliche Stimmung und die vielen bunten und fröhlichen Momente, die den Fasching zu etwas ganz Besonderem machen.
SwC: Was hat euch dazu inspiriert, euch als Prinzenpaar aufstellen zu lassen?
Thorsten & Frank: Tatsächlich war es eine unerwartete Überraschung für uns, als die ESKAGE Schweinfurt auf uns zukam und uns fragte, ob wir das Prinzenpaar sein möchten. Wir hatten nicht damit gerechnet und waren sowohl überrascht als auch geehrt von dieser Anfrage. Die Entscheidung, diese Rolle anzunehmen, fiel uns jedoch leicht, da wir die Gelegenheit sahen, Teil einer so lebendigen Tradition zu werden und die Freude des Faschings zu teilen. Die Unterstützung und das Vertrauen der ESKAGE haben uns motiviert, diese Herausforderung anzunehmen und unser Bestes zu geben, um den Fasching in Schweinfurt zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Die Möglichkeit, Menschen zusammenzubringen und gemeinsam zu feiern, inspiriert uns täglich in unserer Rolle als Prinzenpaar. Wir sind dankbar für diese außergewöhnliche Chance und freuen uns darauf, viele besondere Momente mit allen zu erleben.
„Es ist ein Schritt in Richtung Vielfalt und Akzeptanz, und wir hoffen, dass wir damit ein Zeichen setzen können, dass im Fasching – und darüber hinaus – alle willkommen sind.“
SwC: Ihr seid das erste gleichgeschlechtliche Prinzenpaar in Schweinfurt. Welche Reaktionen habt ihr bisher aus der Gemeinschaft und von den Narren erhalten? Welche Bedeutung hat das für euch persönlich?
Thorsten & Frank: Diese Frage ist eigentlich überflüssig, aber dennoch wichtig, denn es sollte normal sein und nicht besonders betont werden müssen. Wir haben bemerkt, dass die Reaktionen aus der Gemeinschaft und von den Narren überwältigend positiv und unterstützend sind. Viele Menschen haben uns ermutigt und uns zu unserem Engagement gratuliert. Es zeigt, dass die Gemeinschaft in Schweinfurt offen und herzlich ist, was uns sehr freut. Für uns persönlich hat es eine besondere Bedeutung, als queeres Prinzenpaar diese Rolle übernehmen zu dürfen.
Es ist ein Schritt in Richtung Vielfalt und Akzeptanz, und wir hoffen, dass wir damit ein Zeichen setzen können, dass im Fasching – und darüber hinaus – alle willkommen sind. Es geht darum, gemeinsam Freude zu erleben und Traditionen zu pflegen, unabhängig von der persönlichen Identität. Diese Erfahrung bestätigt uns darin, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und motiviert uns, uns weiterhin mit ganzem Herzen für die Faschingsgemeinschaft einzusetzen.
SwC: Gibt es Momente oder Auftritte, auf die ihr euch besonders freut und was war bisher euer Lieblings-Moment als Prinzenpaar?
Thorsten & Frank: Da gibt es tatsächlich viele. Besonders gespannt sind wir auf die Faschingsumzüge in Sand und Kützberg, und natürlich den großen Umzug am Faschingsdienstag in Schweinfurt. Diese Umzüge sind echte Highlights, bei denen wir die lebendige Atmosphäre und den Enthusiasmus der Menschen erleben dürfen. Außerdem können wir es kaum erwarten, viele Kamelle zu werfen – es gibt doch nichts Schöneres, als wenn sich Erwachsene in Sekundenbruchteilen in Kamelle jagende Kinder verwandeln!
Unser bisheriger Lieblingsmoment als Prinzenpaar war der Rathaussturm. Die symbolische Übernahme der Stadt mit viel Spaß und der begeisterten Teilnahme der Menschen war ein unvergessliches Erlebnis – besonders, als wir den Rathausschlüssel ergatterten und feststellten, dass er nicht wirklich ins Schloss passt!
„Es gibt doch nichts Schöneres, als wenn sich Erwachsene in Sekundenbruchteilen in Kamelle jagende Kinder verwandeln!“
Außerdem war der Ehrenabend bei der ESKAGE ein besonderes Erlebniss für uns. An diesem Abend wurden besonders verdiente Mitglieder ausgezeichnet, und wir durften erleben, wie selbst die ernsthaftesten Vereinsmitglieder vor Stolz ein wenig größer wurden. Diese beiden Momente sind uns besonders ans Herz gewachsen und erinnern uns daran, warum wir diese Aufgabe so gerne übernommen haben.
SwC: Welche Botschaft möchtet ihr anderen queeren Menschen mit auf den Weg geben, die vielleicht zögern, sich in traditionellen oder öffentlichen Rollen zu zeigen und welche Ratschläge würdet ihr zukünftigen Prinzenpaaren geben, wie sie die Aufgabe angehen sollten?
Thorsten & Frank: Unsere Botschaft an andere queere Menschen lautet: Seid mutig und authentisch, und lasst euch nicht von traditionellen Vorstellungen einschränken. Es ist wichtig, dass ihr euch selbst treu bleibt und eure Einzigartigkeit feiert. Die Welt braucht Vielfalt, und eure Perspektive und Erfahrungen bereichern die Gemeinschaft. Wir haben gelernt, dass es viel Unterstützung und Offenheit gibt, selbst in traditionellen Rollen. Lasst euch ermutigen, euren eigenen Weg zu gehen und dabei euer Umfeld mit Offenheit und Freude zu inspirieren.
Für zukünftige Prinzenpaare haben wir folgenden Rat: Geht die Aufgabe mit viel Leidenschaft und Spaß an. Fasching ist eine Zeit der Freude und des Zusammenhalts, und eure Begeisterung wird auf andere überspringen. Plant im Voraus, bleibt aber flexibel, denn oft sind es die ungeplanten Momente, die am meisten Freude bringen. Seid präsent und nehmt euch die Zeit, die Menschen kennenzulernen, die Teil eurer Reise sind. Am wichtigsten ist es, diese einzigartige Erfahrung zu genießen und Erinnerungen zu schaffen, die ihr ein Leben lang schätzen werdet. Und vergesst nicht: Ein Lächeln und ein bisschen Humor sind die besten Begleiter!
SwC: Welche Aufgaben habt ihr als Prinzenpaar?
Thorsten & Frank: Als Prinzenpaar haben wir während des Faschings die ehrenvolle Aufgabe, sowohl unseren Verein (ESKAGE) als auch die Stadt Schweinfurt zu repräsentieren und symbolisch zu „regieren“. Unsere Regentschaft beginnt offiziell, wenn uns der Bürgermeister feierlich den Rathausschlüssel und die Stadtkasse überreicht. Diese Geste markiert den Beginn unserer närrischen Zeit. Während der Faschingssaison nehmen wir an zahlreichen Veranstaltungen, Umzügen und Festen teil, bei denen wir die Freude und den Geist des Faschings verbreiten. Dazu gehören auch Besuche in Altenheimen, Kindergärten und Werkstätten, wo wir den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern möchten. Es ist unsere Aufgabe, die Menschen zu begeistern und die Gemeinschaft zusammenzubringen, während wir die Traditionen und den Spaß des Faschingslebens hochhalten

Auf den großen Schweinfurter Faschingszug freuen sich Thorsten I. und Frank I. schon ganz besonders. Foto: Silvia Gralla
SwC: Wie bereitet ihr euch auf eure Auftritte und Veranstaltungen während der Faschingssession vor?
Thorsten & Frank: Zuerst das Wichtigste: Wir duschen, putzen die Zähne und werfen uns in Schale – schließlich wollen wir nicht nur gut aussehen, sondern auch gut riechen! Spaß beiseite, unsere Vorbereitung beginnt damit, dass wir uns genau anschauen, welche Veranstaltung ansteht und wer unser Gastgeber ist. Denn jedes Event hat seinen eigenen Charakter und wir möchten sicherstellen, dass wir den richtigen Ton treffen. Danach geht’s an die Feinarbeit: Wir feilen an unseren Begrüßungsworten und Reden, damit wir das Publikum mit einem Lächeln begrüßen und vielleicht sogar zum Lachen bringen können. Dabei achten wir darauf, dass wir authentisch bleiben und unsere Freude am Fasching rüberbringen. Und natürlich gehört auch ein gewisser Grad an Flexibilität dazu. Wir bereiten uns darauf vor, spontan auf die Stimmung im Saal einzugehen – und sagen uns immer: Wenn etwas nicht nach Plan läuft, dann einfach mit einem Augenzwinkern weitermachen. Denn letztendlich geht es darum, gemeinsam eine tolle Zeit zu haben und unvergessliche Momente zu schaffen.
SwC: Was sind eure Hobbys und Interessen außerhalb des Faschings?
Thorsten: Außerhalb des Faschings haben wir eine Vielzahl von Hobbys und Interessen, die uns Freude bereiten. Ich habe ein besonderes Talent für das Dekorieren von Innenräumen und liebe es, mit verschiedenen Stilen und Designs zu experimentieren, um unser Zuhause gemütlich und einladend zu gestalten. Zudem bin ich auch handwerklich sehr geschickt und genieße es, neue Projekte anzupacken.
Frank: Ich hingegen bin ein großer Musik- und Filmfan. Da verbringe ich gerne Zeit damit, neue Alben zu entdecken und sich von Filmen inspirieren zu lassen. Gemeinsam teilen wir die Liebe zum Reisen, insbesondere Städtereisen haben es uns angetan. Es gibt nichts Schöneres, als neue Kulturen zu entdecken und die Atmosphäre verschiedener Städte aufzusaugen. Darüber hinaus schätzen wir die Zeit mit Freunden und Familie sehr und verbringen gerne gesellige Stunden in guter Gesellschaft.
SwC: Wie sieht ein typischer Tag in eurem Leben aus?
Frank: Wir starten mit der Pflege unserer Tiere – Hühner, Vögel, Fische, Katzen, Hasen und unserem energiegeladenen Hund. Da geht es schnell und manchmal chaotisch zu, aber die Freude der Tiere gibt uns Kraft. Danach bleibt nicht viel Zeit für die Hausarbeit, die wir im Eiltempo erledigen.
Dann geht es zur Arbeit: Ich im eigenen Friseursalon, während Thorsten als Filialleiter im örtlichen Discounter tätig ist. An unseren Arbeitstagen jonglieren wir mit Kunden, Terminen und den täglichen Herausforderungen.
Nach der Arbeit stürzen wir uns in die Hochzeitsvorbereitungen. Die Nachmittage sind vollgepackt mit Meetings, Dekorationssuche und dem Planen der Gästeliste. Außerdem bereiten wir uns auf die verschiedenen Faschingsveranstaltungen vor, die in der Region stattfinden. Es gibt viel zu tun, aber wir schaffen es, die stressigen Momente mit einem Lächeln und einer Umarmung zu meistern.
Am Abend nehmen wir uns eine kurze Auszeit, um gemeinsam zu reflektieren und zu träumen – über unseren großen Tag, unsere nächsten Reisen und die kommenden Events wie unsere jährliche Hofweihnacht oder Weinproben.
Trotz des hektischen Alltags bleibt die Zeit mit Freunden und Familie für uns wichtig. Wir versuchen, jeden Moment zu genießen, mit einem Hauch von Romantik und Leichtigkeit, während wir uns auf die aufregende Zukunft vorbereiten.
Thorsten & Frank: Kurze Danksagung durch uns als Prinzenpaar
An dieser Stelle möchten wir von Herzen Danke sagen. Unser tiefster Dank gilt dem Präsidium, das uns mit seiner unermüdlichen Unterstützung stets den Rücken stärkt und uns den Weg ebnet. Ein ebenso herzliches Dankeschön geht an die Elferräte, deren Engagement und Leidenschaft für den Fasching uns immer wieder inspirieren und motivieren. Unser Fahrer verdient unsere größte Anerkennung, denn er sorgt mit seiner Zuverlässigkeit und seinem freundlichen Lächeln dafür, dass wir sicher und pünktlich zu all unseren Auftritten gelangen.
Ein weiterer herzlicher Dank gebührt unserem Kellermeister, der mit viel Hingabe und Liebe zum Detail dafür sorgt, dass keine Wünsche offenbleiben und jeder Moment unvergesslich wird. Nicht zuletzt möchten wir unserer Prinzenbetreuerin danken. Ihre Unterstützung und Fürsorge geben uns die Sicherheit und das Vertrauen, in dieser Rolle unser Bestes zu geben. Ohne sie wäre diese Reise nicht dieselbe. Danke an euch alle, dass ihr diesen Fasching zu einem so besonderen Erlebnis macht. Eure Unterstützung und Freundschaft bedeuten uns mehr, als Worte ausdrücken können.