Begriffe, die man in Würzburg kennen muss

Philipp Heilgenthal

29. Januar 2025

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Nicht nur die Festung stand im Jahr 1525 im Zentrum des Konflikts. Foto: Philipp Heilgenthal

In jeder Stadt oder Region gibt es spezielle wichtige Begriffe, die einem anderswo gar kein Begriff sind. So natürlich auch in Würzburg. Wer bei Schoppen an Einkaufen denkt, das berühmteste Wahrzeichen Würzburgs als Burg bezeichnet und nicht versteht, warum die Einheimischen zu den Edekas „Kupsch“ sagen, sollte sich diesen Artikel lieber aufmerksam durchlesen. Sonst ist das nächste Fettnäpfchen in Würzburg garantiert vorprogrammiert.

Mee (Main)

In Würzburg liegt man am Mee, nicht am Main. Foto: Silvia Gralla

Bei Würzburgerinnen und Würzburgern, auch wenn sie ansonsten kaum Dialekt reden, stellen sich die Haare zu Berge, wenn ‚Neigschmeckte‘ (= Zugezogene) ihren Fluss als „Main“ bezeichnen. Vor allem in Studentenkreisen begreifen leider nur sehr wenige, dass man nicht im Main schwimmt – nicht weil das Wasser keine Badequalität hätte. Nein, wir schwimmen hier im „Mee“. Anderswo Flussabwärts schwimmt man im Mää oder Maa, aber in Würzburg und in fast ganz – Achtung – Meefrangn heißt die fränkische Lebensader Mee. Deswegen sind hier auch die Meefischli eine regionale Spezialität. Und die Einheimischen sprechen Meefrängisch. Wer schon länger in Würzburg wohnt und immer noch „Main“ sagt, sollte sich das dringend mal hinter die Ohren schreiben, um sich nicht unnötig unbeliebt zu machen. Als Eselsbrücke gibt’s einen kleinen Spruch auf Meefrängisch:

Alle Kinner groß und glee

möchn ä Schifffahrd uffm Mee.

Frankenschorle (Weinschorle mit Frankenwein)

Wer in Würzburg und ganz Franken seinen Wein mit spritzigem Wasser gemischt haben möchte, bekommt keine Weinschorle, sondern eine Frankenschorle. Denn die Schorle wird im Weinland Franken ausschließlich mit Frankenwein gemischt und nicht mit Importware. Auch wenn der Begriff in Würzburg immer seltener benutzt wird, sollten vor allem Neuankömmlinge, die in der Gastronomie arbeiten oder aushelfen möchten, berücksichtigen, dass die Weinschorle hier Frankenschorle heißt. Denn wenn man als Bedienung einen Stammkunden fragt, was er damit meint, erntet man in Sekundenschnelle einen derart grimmigen Blick, als hätte man ihm zuvor statt einer Frankenschorle eine Essigschorle serviert.

Schoppen (0.25 l Weinglas)

Nachtwächter Udo Siegler im Nachtwächter-Stüble. Foto: Linda Amamra.

Nachtwächter Udo Siegler im Nachtwächter-Stüble bei einem Schoppen. Foto: Linda Amamra.

Ein weiterer unverzichtbarer Begriff zum in Würzburg ungemein bedeutenden Thema Wein ist der Schoppen. Denn wer Schoppen will, möchte nicht einkaufen gehen, sondern Wein trinken. Anders als in den meisten deutschen Weinbauregionen bekommt man in Franken den Wein nicht in einem 0,2 l, sondern in einem 0,25 l Glas serviert – einem Schoppen. Da es sich dabei um eine jahrhundertealte Maßeinheit handelt, wird sich daran in Würzburg nicht so schnell etwas ändern. Wer in Würzburg etwas trinken gehen will – nicht einmal unbedingt Wein – der fragt übrigens, „Woll mer en Schoppen machen?“. Und wer auf der Alten Mainbrücke einen hebt, der macht natürlich einen Brückenschoppen. Wem ein Schoppen Wein zu viel ist, bekommt ein Achtele, also einen Achtelliter Wein – umgerechnet einen halben Schoppen.

Kipf (Spezielle, in Würzburg typische Brötchenform)

Eure 5 Besten LKW – Foto: Dominik Ziegler

Ein Leberkäse im Kipf. Foto: Dominik Ziegler

Für das in Deutschland so lieb gewonnene Brötchen gibt es in den verschiedenen Dialekten so viele Begriffe wie Sand am Meer. In den meisten Ecken in Unterfranken sagt man dazu „Weck“, oder fränkisch weich ausgesprochen „Wegg“, rund um Nürnberg verniedlicht man den Begriff zu „Weggla“. Rund um Würzburg wird jedoch bevorzugt eine spezielle Brötchensorte gegessen, nämlich der „Kipf“. Dabei handelt es sich um ein längliches, spitzes Brötchen, das meist mit Kümmel versetzt ist. Die Brötchensorte ist in Würzburg so dominant, dass man oft allgemein zu allen Brötchen einfach Kipf sagt, vergleichbar mit der führenden Taschentuchmarke „Tempo“.

Geknickte (mit oder ohne) (Im Kipf geknickte Bratwurst mit oder ohne Senf)

Eine gute Wurst und ein wenig Senf. Mehr braucht man nicht für eine echte Würzburger Bratwurst. Foto: Katharina Bormann

Der Kipf eignet sich hervorragend zur Halterung und Beilage einer Bratwurst. Die typische Würzburger Bratwurst ist im Vergleich zu anderen Bratwürsten mit ca. 20 Zentimetern besonders lang. Deshalb muss sie im Kipf geknickt werden, weshalb die Würzburger ihre Bratwürste eine „Geknickte“ nennen. Legendär für seine Geknickte ist der Bratwurststand Knüpfing auf dem Marktplatz. Dort, aber nicht nur dort, gibt es die Geknickte entweder „mit“ oder „ohne“, womit die optionale Zugabe von Senf gemeint ist. Ketchup hat dagegen nichts auf der Geknickten zu suchen! Wer also beim Knüpfing „eine Bratwurst im Brötchen mit Ketchup“ bestellt, sollte sich lieber schnellstens vom Acker machen.

Seit Herbst 2023 ist der Bratwurststand Knüpfing nicht mehr in Familienhand – Doch das Familienrezept wurde weitergeben

Bäck (traditionelles Weinlokal)

Der Maulaffenbäck im Herzen der Altstadt ist eine echte Würzburger Institution. Foto: Benjamin Brückner

Wer in Würzburg in einen traditionellen Bäck wie den Maulaffenbäck oder den Sophienbäck geht, findet – anders als die allermeisten Auswärtigen vermuten würden – keine Auswahl an Broten, Kipf und Hörnli vor. Denn ein Bäck ist in Würzburg ein altes Weinlokal. Der Name stammt aus früherer Zeit, als hier Bäcker von ihrem Recht Gebrauch machten, ihren eigenen Wein in ihrer Bäckerei auszuschenken. Da konnten sich die Würzburgerinnen und Würzburger in den Bäcks ihre Brotzeit holen und direkt mit einem Schoppen herunterspülen. Mit der Zeit verlagerte sich der Fokus der Bäcks immer mehr in Richtung Weinlokal. Die Bäcks, die keine eigenen Backwaren mehr anboten, erlaubten ihren Gästen traditionell, ihre eigene Brotzeit mitzubringen. Diese Tradition ist beispielsweise immernoch im Maulaffenbäck und im Holzapfel lebendig. In Heidingsfeld gibt es sogar noch einen Bäck wie aus ganz alten Tagen: Die Bäckerei & Konditorei Roth – unserer Meinung nach eine der besten traditionellen Bäckereien in Würzburg – hat in ihrer Filiale nach wie vor eine urige Weinstube integriert.

Festung Marienberg (nicht Burg!)

Die Festung Marienberg wurde im 17. Jahrhundert zu einer Festung ausgebaut. Foto: Philipp Heilgenthal

Bei der berühmtesten Sehenswürdigkeit Würzburgs treten viele Touristen und andere Gäste sehr schnell in ein leicht vermeidbares Fettnäpfchen. Denn hoch auf dem Marienberg (!) thront nicht die Marienburg! Die ursprüngliche Burg wurde schließlich im 17. Jahrhundert zu einer imposanten Festung ausgebaut. Die sehr gut erhaltenen, meterhohen sternförmigen Außenmauern zeugen bis heute davon, dass das Bauwerk „Festung Marienberg“ heißen muss, nicht „Marienburg“ (diese ehemalige Deutschordensburg liegt im heutigen Polen), nicht „Mainburg“ und schon gar nicht „Würzburg“.

Zugegeben ist es verwirrend, dass im Stadtnamen „-burg“ enthalten ist und die Beharrung auf den Festungsstatus mag pingelig erscheinen. Nicht-Würzburgerinnen und -Würzburger sollten an dieser Stelle allerdings die herausragende Bedeutung der Festung Marienberg für die Einheimischen bedenken: Ein Festungsblick aus einer Wohnung hat in Würzburg einen höheren Status als ein Meerblick in Malaga oder Genua. Wenn ein Würzburger Heimweh hat, genügt oft ein Foto von der Festung, um es zu lindern. Und wenn ein Preuße ‚seine Festung‘ als Burg bezeichnet, fährt er nun mal schnell aus der Haut.

Wer den Ausbau der Festung Marienburg im 17. Jahrhundert beauftragt hat: Eine kleine Geschichte der Schönborns

Städtle (Altstadt in Heidingsfeld)

Die Stadtmauer in Heidingsfeld zeugt davon, dass der heutige Stadtteil früher selbst eine stolze Stadt war. Foto: Pascal Höfig.

In Würzburg gibt es das Städtle. Damit ist jedoch nicht die Würzburger Altstadt gemeint – die ist für die Verniedlichungsform viel zu groß. Nein, auch der Stadtteil Heidingsfeld besitzt eine Altstadt. Denn Heidingsfeld war bis 1930 eigenständig und bekam im Jahr 1367 von König Wenzel von Böhmen das Stadtrecht verliehen. Davon zeugt die heute noch zu großen Teilen gut erhaltene Stadtmauer rund um das Städtle. Spätestens infolge des Anschlusses an das Würzburger Straßenbahnnetz 1929 wuchs Heidingsfeld weit über den alten Stadtkern hinaus, weshalb sich „Städtle“ keineswegs auf ganz Heidingsfeld bezieht. Übrigens gilt man nur als echter Hätzfelder, wenn man im Städtle lebt und aufgewachsen ist.

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Neubert (Filiale von XXXLutz in Heidingsfeld)

XXXLutz in Würzburg. Foto: XXXL Marketing

Die XXXLutz-Filiale in Würzburg trägt bis heute den Namenszusatz „Neubert“. Foto: XXXL Marketing

Am Fuße des Städtle befindet sich das größte Möbelhaus in Würzburg. Auch wenn es seit 2000 der Lutz-Gruppe gehört, trägt das XXXLutz Möbelhaus bis heute noch den Zusatz „Neubert“. Das Möbelhaus Neubert ging aus einer 1876 gegründeten Schreinerei hervor. 1946 wurde die Schreinerei mit Möbelhandel am heutigen Standort neugebaut und Stück für Stück zu einem gigantischen Möbelhaus ausgebaut. Bei dieser stolzen Geschichte von Möbel Neubert ist es nicht verwunderlich, wenn Würzburgerinnen und Würzburger bis heute nur vom Neubert sprechen, wenn sie die Filiale eines der größten Möbelhändler der Welt meinen.

Kupsch (heute: kleine Edekafilialen in Würzburg)

Der Supermarkt bleibt bis auf weiteres geschlossen. Foto: Armin Höfig

Ehemaliger Kupsch-Supermarkt, der 2022 in Edeka umbenannt wurde. Foto: Armin Höfig

Ganz ähnlich wie im Fall Neubert verhält es sich mit Kupsch. Allerdings ist hier die Verwirrung bei Neu-Würzburgern und -Würzburgerinnen sicherlich größer, wenn sie den Namen hören. Schließlich ist bei den heutigen Edeka-Supermärkten äußerlich nichts mehr vom alten ehrwürdigen Namen zu sehen. 1915 eröffnete Bernhard Kupsch seinen ersten Gemischtwarenladen. An diesem Standort in der Domstraße befindet sich bis heute ein Supermarkt. Bereits in den 1920er Jahren entwickelte sich daraus eine Kette von Filialen in Unterfranken, die als Frühform von Supermärkten bezeichnet werden können. Im Jahr 2000 wurde die regionale Supermarktkette von Edeka aufgekauft. Bis 2022 behielten die meisten Kupschs in Würzburg ihren Namen und bis heute noch ihren ganz eigenen Charakter und Charme. Selbst Gäste in Würzburg bemerken leicht den Unterschied zwischen einem alten Kupsch-Markt und einem üblichen E-Center. Weitaus schwerer ist es jedoch, einem Durchschnitts-Würzburger einzutrichtern, er solle die Supermarkt-Filialen endlich mal Edeka nennen.

Maroggo (Spitzname für Margetshöchheim)

Blick auf den alten Steg nach Margetshöchheim, das von Einheimischen nur „Maroggo“ genannt wird. Foto: Silvia Gralla

Wenn eine Würzburgerin sagt, „Das Spiel findet in Maroggo statt“, dann meint sie mit Sicherheit nicht den Maghreb-Staat am äußersten Nordwesten Afrikas. Denn Marokko – fränkisch ausgesprochen „Maroggo“ – ist der Spitzname des Ortes Margetshöchheim unweit von Würzburg. Dabei handelt es sich ursprünglich um eine neckische Bezeichnung der Nachbarinnen und Nachbarn aus Veitshöchheim und Erlabrunn. Inzwischen haben sich die „Marogganer“ auch gut selbst mit ihrem Spitznamen abgefunden, wie das Wirtshaus „Maroggo-Stuben“ in Margetshöchheim bezeugt. Das sollten Auswärtige dringend beachten, bevor sie etwa „Findet das Spiel dann in Casablanca oder Marrakesch statt, oder wo sonst?“ fragen und von der Würzburgerin hämisch ausgelacht wird.

Kutscher (spezieller Schnaps in der Kneipe Tscharlie)

Tscharlies Musikkneipe in der Sanderstraße. Foto: Silvia Gralla

In vielen Städten stellt sich die Frage, wann man ein echter Bewohner jener ist. Vor allem unter Studentinnen und Studenten in Würzburg ist klar: „Du bist erst ein richtiger Würzburger (oder Würzburgerin), wenn du schon einmal einen Kutscher getrunken hast.“ Ein Kutscher ist ein spezieller Shot in der Kneipe Tscharlie mitten in der Feiermeile Sanderstraße. Warum der so heißt, wissen die Einheimischen ebenso wenig, wie sie über die Zutaten Bescheid wissen. Denn das Rezept ist streng geheim. Man munkelt insgeheim, eine der Zutaten sei sogar Pfefferspray, da der Kutscher unglaublich pfeffrig-scharf schmeckt. Wer sich von den Neu-Würzburgerinnen und -Würzburgern traut, einen Kutscher zu trinken, dem oder der sei zu empfehlen, anschließend nach einem trockenen Stück Brot zu fragen, das die Schärfe im Mund lindert. Wer sich nicht traut, das Kultgetränk zu probieren, sollte zumindest wissen, dass mit „Kutscher“ im Würzburger Nachtleben in den seltensten Fällen ein Fahrzeugführer einer Kutsche gemeint ist.

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Sanderuni („Neue“ Universität“)

Die Neue Universität am Sanderring mit der wirtschaftswissenschfatlichen Fakultät wird „Sanderuni“ genannt. Foto: Philipp Heilgenthal

Die Universitätsstadt Würzburg hat bekanntlich drei Hochschulen, welche ihre Standorte inzwischen im ganzen Stadtgebiet verteilt haben. Über Jahrhunderte hinweg gab es jedoch nur einen Campus, der deshalb zurecht „Alte Universität“ heißt. Als 1896 am Sanderring ein neues, zweites großes Universitätsgebäude eingeweiht wurde, wurde es schlichtweg „Neue Universität“ getauft und trägt diesen Namen offiziell bis heute. Dumm nur, dass es inzwischen viel neuere Universitätsgebäude als das inzwischen fast 130 Jahre alte Institutsgebäude der Wirtschaftswissenschaften gibt. Um dieser Verwirrung bei der Begriffsbezeichung – vor allem für Neu- und Nicht-Würzburgerinnen und -Würzburger – entgegenzuwirken, sagen die Einheimischen zum Unicampus am Sanderring einfach „Sanderuni“. Der Begriff „Sander-“ hat seinen Ursprung übrigens von den ursprünglichen Sandablagerungen in der Gegend um die Sanderstraße, dem Sanderring und der Sanderau – der sandigen Aue.

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