Als der frühere Airport-DJ Agent mit Dirk Nowitzki aufgelegt hat
Manuel Scholze
2. September 2022

Andreas Schreck alias Agent 2010 bei der Arbeit im Airport. Foto: webflasher
Seinen ersten Resident-Job im Airport der 2000er hatte Andreas Schreck, da durfte er gesetzlich eigentlich noch gar nicht die ganze Nacht vor Ort bleiben. „Das mit um null Uhr nach Hause gehen hat allerdings nicht hingehauen“, sagt Schreck, als er als Hip-Hop-DJ im „T2“ mit gerade einmal 17 Jahren bereits am Wochenende Nächte im Airport gestaltete. Damals ging es um Skills, mit zwei Plattenspielern und Effektgerät habe er „voll mit Scratchen und so weiter“ sehr energetische Clubmusik gespielt. Entdeckt hatte ihn der damalige Airport-Inhaber Rudi Schmitt, der bei einem Probespielen seine Soundselektion „obergeil“ fand. „Obergeil, so wie es der Rudi immer gesagt hat“, lacht Andreas Schreck im Interview.
Noch jünger als zu diesem Zeitpunkt seiner ersten Auftritte im Air war Andreas Schreck, der später unter dem DJ-Alias „Agent“ bekannt werden sollte, bei seinem ersten Clubbesuch im Airport. „Ich glaube, ich war da gerade einmal 13 oder 14 Jahre alt gewesen, als ich illegalerweise mit den Göbel-Brüdern im Airport war. Sogar bei so Krachern wie Carl Cox, Armand van Helden und Sven Väth.“ Schreck war beeindruckt vom Auflegen, finanzierte sich durch einen Ferienjob im Möbelhaus Neubert Turntables und sammelte erste Erfahrungen im Bechtholdsheimer Hof.
Klebstoff Airport
Im Airport sah man Schreck nach Antritt seiner Residency ständig. „Als Resident habe ich ja freien Eintritt bekommen und habe deshalb meine gesamte heranwachsende Jugend im Airport verbracht.“ Obwohl Hip-Hop-Fan, wurde der gebürtige Zellinger „technoifiziert“. Schuld waren unter anderem die besagten Göbel-Brüder, von denen später Stefan Göbel sogar Vizepräsident des Musiklabels BMG wurde. „Beim Hip-Hop war ich als DJ limitierter, habe vielleicht maximal im Umkreis von 100 Kilometern gespielt, das wollte ich irgendwann nicht mehr.“
Der Techno-DJ Agent (oder auch Agent!) war geboren, bespielte im Airport den Noise Club und merkte, dass die Nächte mit elektronischer Musik „echt gerockt haben“. So war Schreck komplett mit dem Laden in der Gattingerstraße verbunden, das Airport war wie ein Klebstoff, für den heute 40-Jährigen. Aufgelegt hat er maximal im L Club zur Afterhour oder im Basement (früher Art-Club), in das er ebenfalls zu Morgengold Afterhours ab 6 Uhr in der Früh auch mal DJs wie Karotte, DJ Pierre oder Pascal Feos einlud. Für Agent eine körperliche Katastrophe.

Flashback ins Jahr 2009: Agent mit der Techno-Legende DJ Rush im Airport. Foto: webflasher
Zwei Jahre Afterhour
„Danach war ich schön im Arsch, ganz generell und auch an den Nachmittagen, als ich immer heimgekommen bin“, erinnert sich Agent. Zwei Jahre ging er nach dem nächtlichen Auflegen noch die Afterhour, oft auch als Veranstalter mit, „dann habe ich es gelassen.“ Zu schlecht sei es für seinen Körper gewesen, sagt der Mann, der seit sieben Jahren keinen Alkohol mehr trinkt. In dieser wilden Sturm- und Drangphase gab es auch eine Menge Highlights. Mit Africa Bambata, dem Mitbegründer der Zulu Nation, habe er mal aufgelegt und könnte daneben noch sehr viel „Namedropping“ betreiben, sagt er verlegen.
Mit Ralf Gum oder mit Howie von Take That im Studio zu sitzen sei extrem cool gewesen, auch mit DJ Stylewarz, einem der bekanntesten Hip-Hop-DJs Zeit zu verbringen, sei neben den Konzerten mit Kool Savas und Bushido in seinem Kopf hängengeblieben. Und dann nicht zuletzt ein musikalisches Zusammentreffen mit dem bekanntesten deutschen Basketballspieler aller Zeiten: Dirk Nowitzki. Der stand irgendwann nachts mal neben ihm und spielte mit Agent ein paar Tracks. „Wolle (Anm. d. Red. Wolfgang Weier) hat den angeschleppt. Ich glaube, das war im Soundpark als Aftershowparty. Das war sehr besonders, weil der war so nett.“
Ein Karrierebooster von Agent war das Airport
Dieser riesige Club in der Gattingerstraße, der eine „gefühlte, fast internationale, aber sehr familiäre Szene“ beheimatete, er war ein Sprungbrett für Agent. „Auch für Connections war es echt gut“. Jedes Wochenende seien gute DJs da gewesen, die er betreute und mit denen er gespielt habe. Dadurch kamen auch mal Bookings wie im damaligen „U60“ oder im „Cocoon Club“ in Frankfurt zustande. Generell sei es viel mehr der Fall gewesen, dass viele Menschen von außerhalb im Airport gewesen seien. „Es waren immer dieselben Gesichter da, die kamen aber aus einem Umkreis von 150 Kilometern oder noch weiter her. Das war noch vor Insta, Myspace und Facebook. Das Airport war also eine Plattform für Leute mit gleichen Interessen. Aus der Zeit habe ich vom Handwerker bis zum Professor extrem viele Leute kennengelernt, mit denen ich teils heute noch Kontakt habe“, erinnert sich Agent. Wichtig waren für Andreas Schreck sein Wegbegleiter DJ Sebbo wie auch „Wolle“, Thorsten Beck, Norman Sengenberger oder „der Baris vom Reisebüro“.
Würzburgs Szene im früheren Airport
Sie alle wären Teil einer „sehr stolzen Szene“ gewesen. Schließlich sei in Würzburg viel entstanden wie die Klamottenmarke Shoot. „Das Airport ist einfach einer der ältesten Technoclubs Europas und damit konnte man sich identifizieren. Aber keiner hat gesagt, ich höre nur Techno oder nur House meiner Meinung nach. Da wurde das Airport zum Wochenend-Zuhause, da gabs ja schließlich auch das Wohnzimmer, in dem die Druffis gesessen sind.“ Und wenn der Laden um zehn Uhr aufgemacht habe, sei da schon eine Schlange gewesen.

Agent lebt seit mittlerweile über zehn Jahren in Berlin. Foto: Gokull Rao Kadam
Heute sei die Szene allerdings „größer, besser und kommerzieller“. Für Schreck ist Kommerz kein Schimpfwort, es heiße nur, dass mehr Menschen darauf stehen. Für den DJ, der heute in Berlin lebt, in vielen Ländern unterwegs gewesen war und es heute noch ist, habe die Internationalität der Szene geholfen. In den vergangenen zehn Jahren veröffentlichte der Produzent und DJ auf Labels wie Desolat, Cocoon oder auch Moon Harbour. „Ich finde die Entwicklung also positiv, auch wenn ich weiß, dass die Leute im Untergrund immer mosern.“
Die Grenzen zum Kommerz seien allerdings fließend. So fließend wie auch die unterschiedlichen Musikstile, die Andreas Schreck mag. Nicht nur Techno entsteht heute im Studio des gelernten Mediendesigners, der sein Geld mit klassischer selbstständiger Agenturarbeit und eben der Musik verdient. „Ich produziere seit Corona andere Musik, von Future-Pop bis Trap, weil mich Musik interessiert und weil es mir Spaß macht. Da gibt es auch ein Traumziel: Mal noch was anderes als elektronische Musik auf einem großen Label herauszubringen.“