Würzburger Stolperstein erinnert an NS-Opfer mit Behinderung

Philipp Heilgenthal

19. April 2024

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Einer von 11 neuen Stolpersteinen in Würzburg: Georg König wurde wegen seiner geistigen Behinderung mit nur 17 Jahren im Rahmen der Aktion T4 von den Nationalsozialisten ermordet. Foto: Thomas Kandert

Ein neuer Stolperstein in Würzburg in der Kettengasse 16 erinnert daran, wie vielseitig und unschuldig die verschiedenen Mordopfer des nationalsozialistischen Terrorregimes waren. Der neue Gedenkstein – einer von insgesamt elf neu angelegten Stolpersteinen in Würzburg – ist dem Jugendlichen Georg König gewidmet, der wegen seiner geistigen Behinderung im Rahmen der Aktion T4 – dem staatlich angeordneten Massenmord an Menschen mit Behinderung – im Jahr 1941 mit nur 17 Jahren getötet wurde. Die Blindeninstitutsstiftung Würzburg übernahm die Patenschaft für den Stein, wie sie in folgender Pressemitteilung schreibt.

Systematische Morde von damals machen einen „sprachlos, fassungslos, wütend“

„Die Gleichgültigkeit und die Grausamkeit, mit der die Nationalsozialisten Menschen wie Georg König ermordet haben, machen einen sprachlos, fassungslos, wütend!“, sagte Stiftungsvorstand Dr. Marco Bambach bei der feierlichen Verlegung des Stolpersteins. Die meisten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen im Blindeninstitut Würzburg seien nicht nur blind oder sehbehindert, sondern hätten zudem eine komplexe Behinderung. Viele von ihnen könnten wie Georg König nicht sprechen und nur mithilfe von Gebärden, Gesten oder elektronische Hilfsmittel kommunizieren. Auch deshalb habe die Stiftung gerne die Patenschaft für den Stolperstein übernommen.

Von der „Schwachsinnigenanstalt“ in die Tötungsanstalt

Der Gesamtpersonalratsvorsitzende Stefan Lindt skizzierte den kurzen Lebensweg von Georg König: Weil er erst mit drei Jahren zu laufen lernt, aber weiterhin nicht sprechen kann, kommt er in die Heil- und Pflegeanstalt Haar bei München. Nach einer Hirnhautentzündung wird er in eine sogenannte „Schwachsinnigen-Anstalt“ verlegt. Als Georg 17 Jahre alt ist, besiegelt ein einseitiger Meldebogen sein Schicksal: Er sei „zu keiner Beschäftigung zu gebrauchen“. Bereits 1939 hatte Adolf Hitler, die sogenannte Aktion T4 gestartet: den systematischen Massenmord an mehr als 70.000 Menschen mit Krankheit und Behinderungen – darunter ein hoher Anteil Minderjähriger. Einer von ihnen war eben Georg König, der am 21. Januar 1941 in der oberösterreichischen Tötungsanstalt Hartheim mit Gas ermordet wurde.

Werkstattrat mahnt zur Wachsamkeit

Die rund 40 Gäste legten anschließend weiße Rosen am Stolperstein nieder. Begleitet wurden sie dabei musikalisch von Steffen Seubert und Jeremias Schuler mit dem Lied „Welche Farbe“. Mit einem Gedicht mahnte Werkstattrat Harald Bischoff zur Wachsamkeit: „Nennt Schuld als das, was sie war, nennt Entmenschlichung beim Namen. Damit die Gewalt an Macht verliert, den Opfern Anerkennung, Gerechtigkeit zuteilwird. Habt Mut: Erinnert Euch!“.

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