Machen Soziale Medien krank? Würzburger Forschenden widersprechen US-Psychologen
Manuel Scholze
28. Juni 2024

Soziale Medien (Symbolbild) Foto: Unsplash
Haben soziale Medien zu einem massiven Anstieg psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen geführt? Diese Frage wird in der Öffentlichkeit zunehmend diskutiert, insbesondere durch das Buch des US-amerikanischen Psychologen Jonathan Haidt, „The Anxious Generation: How the Great Rewiring of Childhood Is Causing an Epidemic of Mental Illness“. Haidt vertritt die These, dass soziale Medien eine zentrale Rolle in der Verschlechterung der psychischen Gesundheit der jungen Generation spielen.
Würzburger Forschende werfen Einseitigkeit vor
Ein Team vom Lehrstuhl für Kommunikationspsychologie und Neuen Medien der Julius-Maximilian-Universität Würzburg (JMU) hält Haidts Darstellung jedoch für zu einseitig. Die Forschenden aus Würzburg beziehen jetzt Stellung, da im Juni 2024 die deutsche Übersetzung von Haidts Buch mit dem Titel „Generation Angst: Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen“ veröffentlicht wird.
Würzburger Forschende enthüllen: Fünf zentrale Thesen zu Haidts „Generation Angst“
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USA-spezifische Ausgangslage: Was in Amerika gilt, gilt nicht automatisch weltweit
Die von Haidt beschriebene drastische Verschlechterung der psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen sorgt in der Wissenschaft für hitzige Diskussionen. Zwar nutzen junge Menschen weltweit intensiv soziale Medien, doch die Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit sind regional sehr unterschiedlich. Die in den USA beobachteten Trends lassen sich nicht einfach auf andere Länder übertragen. So sind in Deutschland beispielsweise die Suizidraten bei Kindern und Jugendlichen seit den 1980er Jahren rückläufig – trotz der Belastungen durch die Corona-Pandemie.
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Digitale Medien als Sündenbock – Wo sind die wahren Ursachen?
Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wird von vielen Faktoren beeinflusst. Digitale Medien allein als Hauptursache für die psychischen Probleme anzuführen, vernachlässigt andere wichtige Einflussgrößen wie die Covid-19-Pandemie, wirtschaftliche Lage, Klimawandel und politische Spannungen. In den USA verschärfen zudem ein unzureichendes Gesundheitssystem und die Opioid-Krise die Situation erheblich.
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Wissenschaftliche Lücken und selektive Beweisführung in Haidts Theorie
Die Forschenden aus Würzburg kritisieren, dass Haidt selektiv Forschungsergebnisse auswählt, die seine These unterstützen, und den wissenschaftlichen Gesamtstand einseitig darstellt. Studien, die umfassende Daten analysieren, zeigen nur schwache Zusammenhänge zwischen der Nutzung sozialer Medien und dem Wohlbefinden auf, selbst in hochwertigen Untersuchungen. Daher wird in vielen Studien die Annahme, dass soziale Medien die Hauptursache für verschlechterte psychische Gesundheit bei Jugendlichen sind, nicht bestätigt.
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Soziale Medien: Das sind die Chancen und Herausforderungen für Jugendliche
Hunderte Studien belegen, dass Jugendliche durch soziale Medien aus Würzburg ihre sozialen Kontakte vertiefen und kreative Ausdrucksmöglichkeiten finden. Doch neben diesen positiven Aspekten sind auch negative Einflüsse wie soziale Vergleiche, Hass, Hetze und Cybermobbing gut dokumentiert und stellen ernsthafte Gefahren dar.
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Aufklärung statt Angst: Wie sollten Kinder und Jugendliche im Umgang mit den Medien unterstützt werden?
Haidts Buch „Generation Angst“ könnte bei vielen Eltern und Lehrkräften Besorgnis hervorrufen, was oft zu übertriebenen und ineffektiven Maßnahmen führt. Statt auf radikale Verbote oder Untätigkeit zu setzen, ist es entscheidend, Kinder und Jugendliche aktiv und kompetent im Umgang mit Medien zu unterstützen.
Die Würzburger Forschenden betonen, dass Technologiekonzerne weltweit verpflichtet werden sollten, Inhalte gründlich zu prüfen und schädliche Inhalte klar zu kennzeichnen. Dies ist eine globale Verantwortung, die über nationale Grenzen hinausgeht und auf internationaler Ebene angegangen werden sollte.
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Pressemitteilung der Julius-Maximilian-Universität Würzburg.