Wohnungsnot in Würzburg: Keine Alternative zum Frauenhaus-Zimmerchen

Philipp Heilgenthal

18. Oktober 2024

Symbolbild wohnen. Foto vom 25.01.2022 am Heuchelhof.

Mietshäuser im Heuchelhof. Wie auch hier steigen die Mietpreise überall in Würzburg und die Wohnungsnot nimmt zu. Foto: Johannes Kiefer

Der Wohnungsmarkt in Würzburg ist seit Jahren extrem angespannt. Die Wohnungsnot zieht inzwischen derart weite Kreise, dass sie sogar beträchtliche negative Konsequenzen für die beiden Frauenhäuser in Würzburg mit sich zieh, was an einem verheerenden Beispiel bewusst wird: Eine ehemals schutzsuchende Frau sucht für sich und ihre drei kleinen Kinder bereits seit anderthalb Jahren eine bezahlbare Wohnung. Aktuell leben die vier aus Mangel an Alternativen auf engstem Raum im Frauenhaus.

Würzburger Frauenhäuser wegen Wohnungsnot überfüllt 

Die durchschnittliche Verweildauer der Frauen im Frauenhaus des Sozialdiensts katholischer Frauen e.V. in Würzburg hat sich laut eigener Aussage in einer Pressemitteilung von 2022 auf 2023 um ganze 80 % erhöht. Während eine Frau (mit ihren Kindern) im Jahr 2022 durchschnittlich noch 64 Tage im Frauenhaus lebte, waren es im Jahr 2023 bis zu 115 Tage. Einer der Gründe für die Zunahme der Verweildauer ist nicht zuletzt, dass Frauen keinen bezahlbaren Wohnraum für sich und ihre Kinder finden. Auf diese Weise bleiben sie deutlich länger als notwendig im Frauenhaus, was wiederum dazu führt, dass akut schutzsuchende Frauen oftmals keinen Platz im Frauenhaus finden. 

8 m² WG-Zimmer mit Dachschräge für 232 Euro: Dreistigkeit siegt auf dem Wohnungsmarkt in Würzburg 

17,5 Prozent höhere Mieten in Würzburg in nur vier Jahren 

Seit Jahren gehen die Mietpreise in Würzburg sowie auch in ganz Bayern stetig in eine Richtung: nach oben. Und das in besorgniserregender Geschwindigkeit: Dem Mietspiegel von Immobilienscout24 zufolge stieg der Quadratmeterpreis für Mietwohnungen in Würzburg von 9,55 Euro im dritten Quartal 2020 auf 11,22 Euro im dritten Quartal 2024. Das ergibt eine Mieterhöhung von etwa 17,5 Prozent in nur vier Jahren. Sprich, wer 2020 noch 850 Euro Miete zahlen musste, muss heute durchschnittlich schon fast 900 Euro zahlen. Wer eine Wohnung neu bezieht, muss in der Regel mit noch deutlich höheren Preissprüngen rechnen. Allein in den letzten drei Monaten stiegen die Mieten in Würzburg um 2,1 Prozent. Am teuersten sind die Mietpreise in der Altstadt mit 12,21 Euro pro m², während man im Dürrbachtal mit 10,42 Euro pro m² vergleichsweise am günstigsten wohnt. Leittragende der inflationären Mieten in Würzburg sind in erster Linie Menschen mit geringem Einkommen und/oder aus sozial-prekären Verhältnissen, unter ihnen viele alleinerziehende Frauen.  

Bezahlbarer Wohnraum: Von 2014 bis 2020 stiegen die vom Jobcenter übernommenen Mietpreise um fast 30 Prozent 

Frauenhaus-Projekt „Second Stage“ mit einem Hilferuf 

Welche Konsequenzen das konkret mit sich zieht, erzählt der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Würzburg mit ihrem staatlich geförderten Projekt „Second Stage“ in einer Pressemitteilung. Der Sozialdienst betreibt neben der Arbeiterwohlfahrt Würzburg eines von zwei Frauenhäusern in Würzburg, in denen Frauen und deren Kinder Schutz vor häuslicher Gewalt und/oder sexuellem Missbrauch im nahen Umfeld finden. Ziel des Projekts ist es, ehemals schutzsuchende Frauen bei der Wohnungssuche zu unterstützen, sie und ihre Kinder bei ihrem Neustart und bei der Anbindung an ihre neue Wohnumgebung zu begleiten und auf dem Weg in ein gewaltfreies Leben zu betreuen. 

Mehrfamilienhäuser in der Lindleinsmühle. Foto: Daniel Peter

Mehrfamilienhäuser in der Lindleinsmühle. Foto: Daniel Peter

Beispiel der Bewohnerin Frau O. im Frauenhaus 

Im Januar 2023 suchte Frau O. im Frauenhaus des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Würzburg Schutz vor häuslicher Gewalt. Mit dabei waren ihre drei Kinder, zwei Jungs im Alter von 6 und 8 und ein Mädchen im Alter von 12 Jahren. Für Frau O. war das Frauenhaus in erster Linie ein Ort, um zur Ruhe zu kommen. Im geschützten Raum konnte sie sich Gedanken machen, wie es für sie und ihre Kinder weitergehen soll. 

Sie kämpfen zum Teil bereits seit über 100 Jahren gegen die Wohnungsnot in Würzburg an: Alle Wohnungsgenossenschaften im Überblick

20 m²-Zimmer für Frau O. und ihre drei Kinder 

Das Leben im Frauenhaus ist für die vierköpfige Familie nicht immer leicht. Sie lebt beengt zu viert in einem 20 m² großen Zimmer. Die Küche und das Esszimmer teilen sie sich mit fünf weiteren Frauenhausbewohnerinnen und deren Kinder. Um die Anonymität des Frauenhauses zu wahren, darf die Familie niemandem ihren aktuellen Wohnort verraten und auch keinen Besuch empfangen. Gerade für ihre Kinder ist diese Regel nicht leicht, da sie gerne einmal Freunde aus der Schule einladen würden. 

Erfolglose Wohnungssuche trotz zahlloser Bewerbungen 

Sobald sich die Situation mit dem Ex-Partner von Frau O. stabilisiert hatte und keine Gefahr mehr von ihm ausging, beschloss sie den nächsten Schritt zu gehen. Sie begab sich auf die Suche nach einer eigenen Wohnung für sich und ihre Kinder. Die Alleinerziehende hatte von dem angespannten Wohnungsmarkt in Würzburg gehört, jedoch hätte sie sich zu Beginn ihrer Suche nicht einmal ansatzweise ausmalen können, wie schwierig es tatsächlich sein würde, bezahlbaren Wohnraum zu finden. 

Tagein, tagaus schickte die Wohnungssuchende Bewerbungen für Wohnungen raus. Eine Antwort auf die Bewerbungen erhielt sie selten. Eine Einladung zu einer Wohnungsbesichtigung noch seltener. Deshalb wohnt Frau O. bis zum heutigen Tag im Frauenhaus. Obwohl sie sich unermüdlich um eine Wohnung bemühte, konnte sie selbst nach anderthalb Jahren keine bezahlbare Wohnung für sich und ihre Kinder finden.  

3- oder 4-Zimmer-Wohnung für Frau O. und deren Kinder gesucht 

Aufgrund dieser aktuellen Brisanz sucht Second-Stage eine 3- oder 4-Zimmer-Wohnung in Würzburg und Umgebung für die verzweifelte Frau O. und ihre Kinder. Wer generell über Wohnraum verfügt oder jemanden kennt, der eine Wohnung vermieten möchte, kann gerne mit den Bewohnerinnen des Frauenhauses und deren Kinder über das Projekt Second-Stage in Kontakt treten. 

Weitere Informationen zur Arbeit von Second-Stage finden sich auf deren Homepage oder unter folgender Nummer: 0155 66020386 

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