Uni-Studie: Mobilität in Würzburg als hochemotionales Thema

Philipp Heilgenthal

5. Mai 2025

Verkehr im Stadtgebiet. Foto: Pascal Höfig
Verkehr_Symbol

Verkehr auf der Konrad-Adenauer-Brücke in Würzburg. Foto: Pascal Höfig

Wie mobil sind Würzburgs Bürgerinnen und Bürger? Mit welchen Verkehrsmitteln legen sie ihre Wege zurück? Und wie zufrieden sind sie mit der Verkehrssituation? Fragen wie diese hat eine Studie der Uni Würzburg untersucht.

Überraschende Erkenntnisse zur Unfallstatistik von E-Scooterfahrerinnen und -fahrern in Würzburg

Hohe Beteiligung und große Stichprobe

Für das Projekt hat der Lehrstuhl für Methoden für Quantitative Empirische Sozialforschung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) in Kooperation mit der Stadt Würzburg im Sommer 2023 Würzburger Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. 8.000 zufällig über das Einwohnermeldeamt ausgewählte Haushalte waren dafür angeschrieben worden. Fast 3.000 von ihnen haben den umfangreichen Fragebogen ausgefüllt und an das Projektteam zurückgeschickt – eine überdurchschnittlich hohe Rücklaufquote, wie die Projektleiterin und Inhaberin des Lehrstuhls Prof. Dr. Christiane Gross befindet. Die Auswertung des 120 Seiten langen Kommentare kostete dementsprechend viel Zeit. Diese Auswertung hat das Team jetzt im Planungs- und Umweltausschuss der Stadt der Öffentlichkeit präsentiert.

Map: Kostenlos parken in Würzburg

Auswahl der wichtigsten Daten aus der Würzburger Mobilitätserhebung:

  • Einen Pkw und 1,5 Fahrräder besitzt im Durchschnitt jeder Haushalt in Würzburg. Die Gehzeit zur nächsten Bus- oder Straba-Haltestelle beträgt durchschnittlich 4,3 Minuten.
  • Die Wegedauer der Befragten beträgt im Median 15 Minuten – das bedeutet: Jeweils die Hälfte aller zurückgelegten Wege ist länger oder kürzer als dieser Wert. Die durchschnittliche Wegedauer beträgt 24 Minuten. 9,4 Kilometer lang sind im Durchschnitt die zurückgelegten Wege; der Median liegt bei 3,0 Kilometern.
  • 88,9 Prozent der Befragten nutzten auf ihrem Weg nur ein Verkehrsmittel
  • Dabei greifen Menschen in Würzburg zum überwiegenden Teil auf das Auto zurück. Der Anteil des sogenannten „motorisierten Individualverkehrs“ – zudem natürlich auch z.B. Motorräder gehören – liegt bei 37,1 Prozent. Immerhin 24,3 Prozent aller Wege werden zu Fuß erledigt und 20,9 Prozent mit Öffentlichen Verkehrsmitteln, davon wird die Straßenbahn (10,8 Prozent) trotz ihres lückenhaften Netzes häufiger benutzt als der Bus (8,1 Prozent). Allerdings wurden die Daten vor den weitläufigen Einschränkungen der Würzburger Straßenbahnen erhoben. Knapp dahinter landet das Fahrrad, das für 17,7 Prozent aller Wege genutzt wird.
  • Nicht alle Befragte waren am Stichtag mobil: Gut zehn Prozent von ihnen haben an diesem Tag das Haus nicht verlassen. Und immerhin 14,1 Prozent waren im Homeoffice.

Durchschnittliche Einschätzung der Bedeutung angegebener Maßnahnahmen zur Verbesserung der Mobilität in Würzburg. Grafik: Mobilitätserhebung 2023 der Universität Würzburg

Grombühl mit dem allerhöchsten ÖPNV-Anteil und dem niedrigsten Autoanteil

Mit dem ÖPNV-Anteil von 20,9 Prozent liege Würzburg im Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Größe gut da, sagt Projektmitarbeiter Micha Pastuschka. Bei der Frage, was für einen attraktiveren ÖPNV am wichtigsten wäre, gaben übrigens die meisten Befragten „günstigere Fahrkarten“ an, gefolgt von einer Erweiterung des Fahrplans. Den mit Abstand höchsten ÖPNV-Anteil gibt es im Stadtteil Grombühl mit 34,8 Prozent, während Lengfeld mit 15,9 Prozent in dieser Hinsicht Schlusslicht ist. Auffällig ist, dass alle Stadtteile ohne Straßenbahnanschluss einen ÖPNV-Anteil von unter 20 Prozent haben, während alle mit ausreichendem Straßenbahnanschluss ausnahmslos darüber liegen. Dürrbachtal hat mit 65,5 Prozent den höchsten Anteil am mobilisierten Individualverkehr, Grombühl mit 17,3 Prozent den niedrigsten. Auch der Fahrrad-Anteil von 17,7 Prozent sei nicht schlecht – für eine Stadt mit mehr als 30.000 Studierenden allerdings eher niedrig. Dass der Anteil nicht höher ist, sei vermutlich auf Würzburgs Topographie zurückzuführen – und auf die Lage der größten Uni-Campen am Stadtrand mit einer langen und steilen Anfahrt. Dennoch greifen ausgerechnet im bergigen Frauenland am meisten Bewohnerinnen und Bewohner zum Rad (23,1 Prozent), während in Rottenbauer kaum jemand mit dem Rad fährt (4,4 Prozent).

Map: Gefahrenstellen mit dem Fahrrad in Würzburg

Verkehrsmittelwahl der Wege nach Stadtbezirken. Grafik: Mobilitätserhebung 2023 der Universität Würzburg

Mehr als die Hälfte der Kilometer werden mit dem Auto gefahren

Von den 25,4 durchschnittlich zurückgelegten Kilometern pro Person und Tag wird der größte Teil mit dem motorisierten Individualverkehr zurückgelegt. 57,6 % oder 14,6 Kilometer entfallen auf beispielsweise Autos oder Motorräder. Am zweithäufigsten wird weiterhin der öffentliche Verkehr verwendet, welcher nun auf 32,3 % Anteil bzw. 8,2 Kilometer pro Tag kommt. Das Fahrrad nimmt nach zurückgelegten Kilometern Platz drei ein und ist für 6,4 % oder 1,6 Kilometer Verkehr verantwortlich. Die in der Regel kurzen Fußwege entsprechen nur noch 3,5 % und 0,8 zurückgelegten Kilometern pro Person und Tag.

Verkehrsmittelwahl der Wege nach der kategorisierten Wegelänge. Grafik: Mobilitätserhebung 2023 der Universität Würzburg

Mobilität als emotionaler Kampf um Platz und Raum

Was die Zahlen und Anmerkungen sehr deutlich zeigen: „Die Wahl des Verkehrsmittels und die Inhalte der Kommentare unterscheiden sich stark unter den einzelnen Personengruppen“, erklärt Micha Pastuschka. Beispielsweise nutzen Studierende aufgrund ihres Semestertickets überdurchschnittlich häufig Bus und Straba. Andererseits steht beispielsweise den 45- bis 59-Jährigen fast doppelt so häufig ein Auto zur Verfügung (81,8 Prozent) als 18- bis 24-Jährigen (45 Prozent). Überrascht war das Forschungsteam von der hohen Emotionalität, die sich in den Anmerkungen der Befragten äußert. Diese kamen aus allen Gruppen und zeigen, dass viele Konflikte zwischen ihnen bestehen. „Da spiegelt sich deutlich der Kampf um Platz und Raum wider, vor allem in der Innenstadt, wo die Probleme geballt auftreten“, sagt Christiane Gross.

Der gesamte Ergebnisbericht der Mobilitätsstudie der Uni Würzburg

Die Ergebnisse zeichnen einerseits ein repräsentatives Bild der Mobilität der Würzburger Bewohnerinnen und Bewohner. Andererseits seien sie vor allem eine wichtige Grundlage eines Mobilitätsplans, der von der Stadtverwaltung mit Begleitung eines Fachbüros sowie unter Einbindung des Stadtrats und aller interessierten Bürgerinnen und Bürger aktuell erstellt wird.

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Pressemitteilung der Julius-Maximilian-Universität Würzburg.

Banner2
Topmobile2