Reformation bei der Medizin-Studienplatzvergabe beschlossen
Katharina Kraus
19. Dezember 2017

Symbolbild Universität Würzburg. Foto: Pascal Höfig
Das Bundesverfassungsgericht hat heute die bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften über die Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin für teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Das Bundesverfassungsgericht bemängelte unter anderem neben der zu hohen Gewichtung der Ortswahl der Bewerber im Auswahlverfahren auch einen Mangel an festen Eignungskriterien im Auswahlverfahren der Hochschulen, die nach Auffassung des BVerfG vom Gesetzgeber künftig selbst festgelegt werden müssen.
Begrenzung der Wartezeit
Das Bundesverfassungsgericht hält es zudem für geboten, dass der Gesetzgeber die Hochschulen dazu verpflichtet, die Studienplätze künftig nicht mehr allein und auch nicht ganz überwiegend nach dem Kriterium der Abiturnoten zu vergeben. Schließlich fordert das Bundesverfassungsgericht eine Begrenzung der Wartezeit.
Mehr Bewerber als Plätze
„Das ist ein Paradigmenwechsel“, so Oliver Jörg in seiner ersten Reaktion. Bund und Länder stünden nun in der Pflicht, notwendige Anpassungen vorzunehmen. Derzeit gibt es im Studienfach Medizin deutschlandweit nahezu fünfmal so viele Bewerber wie Studienplätze. 60 Prozent der Studienplätze werden heute über die Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben.
Zusätzliche Kriterien in Bayern
In Bayern ist bereits eine Studienplatzvergabe nach zusätzlichen Kriterien neben dem Notendurchschnitt möglich. Die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens regeln die Hochschulen selbst durch Satzung nach dem Bayerischen Hochschulzulassungsgesetz: Neben der Durchschnittsnote muss mindestens ein weiterer Maßstab für die Auswahl zugrunde liegen. Dies kann ein fachspezifischer Studierfähigkeitstest, ein Auswahlgespräch oder – wie im Fall der Kläger – auch eine Berufsausbildung sein, die über die Eignung für den Studiengang Medizin besonderen Aufschluss gibt.
Der Freistaat hat den Universitäten die Möglichkeit gegeben, im Rahmen ihrer Hochschulautonomie weitere Auswahlkriterien festzulegen. Dies hat das BVerfG in seinem Urteil beanstandet, da es der Auffassung ist, dass der Gesetzgeber diese Kriterien selbst festlegen muss.
Auswahl in Würzburg
Auch in Würzburg wird nicht mehr nur nach dem Notendurchschnitt entschieden. Die Durchschnittsabiturnote kann an der JMU durch Bonuspunkte aufgebessert werden. Diese Bonuspunkte können mit dem Testergebnis des „Test für Medizinische Studiengänge“, einer abgeschlossene Berufsausbildungen in einschlägigen Berufen, dem ersten bis dritten Platz auf Bundes- oder Landesebene im Wettbewerb „Jugend forscht“ oder mit einem abgeleisteten Dienst wie z.B. Wehrdienst, Zivildienst, freiwilliges soziales Jahr oder freiwilliges ökologisches Jahr „verdient“ werden.
Gesetzgebung schärfen
Die Gesetzgeber müssen nun gemeinsam einen Katalog von Eignungskriterien ausarbeiten. „Nun gilt es, die Gesetzgebung in Bayern nochmals zu schärfen und den Kriterienkatalog zu konkretisieren“, erklärt Jörg. Jedoch stehen auch die Universitäten in der Pflicht, die bestehenden Regelungen hinsichtlich einer Einbeziehung weiterer Maßstäbe außerhalb der Abiturnoten umfangreicher als bisher anzuwenden. Gerade auch die Möglichkeiten, freiwilliges Engagement positiv zu berücksichtigen – etwa ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) – sollten genutzt werden.
Jörg fordert mehr Studienplätze
Zudem soll auch im Rahmen der sogenannten Landarztquote eine ehrenamtliche Tätigkeit nach festzulegenden geeigneten Kriterien stärker berücksichtigt werden. „Zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung in Deutschland wird aber all das nur führen, wenn alle Bundesländer endlich daran gehen, die Zahl der Studienplätze deutlich zu erhöhen“, fordert Jörg. Bayern nimmt mit der Einrichtung der Augsburger Universitätsmedizin eine Vorbildfunktion für alle Bundesländer ein: Im Vollausbauzustand werden hier bis zu 1.500 angehende Medizinerinnen und Mediziner studieren.
Artikel beruht auf einer Pressemitteilung von Oliver Jörg, Mitglied des Bayerischen Landtages.