Mehr Verbraucherschutz bei Bauvorhaben ab 2018
Wuerzburgerleben
8. Januar 2018

Symboldbild Immobilien. Foto: Pascal Höfig
Wer sich den Traum vom Eigenheim erfüllen will, entscheidet sich für die größte Investition seines Lebens. Deshalb sollte nicht nur die Finanzierung sorgfältig geplant werden, sondern auch die Zusammenarbeit mit den ausführenden Unternehmen, damit das spätere Ergebnis den eigenen Wünschen entspricht und es nicht zu vermeidbaren Streitigkeiten kommt. Rechtsanwalt Johannes Hofmann von der Kanzlei Bendel & Partner klärt auf:
Präzisere Vorschriften
Obwohl die Baubranche einer der bedeutendsten deutschen Wirtschaftszweige ist, wurde die Erbringung von Bauleistungen bisher von nur sehr allgemein gehaltenen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches („BGB“) über Werkverträge bestimmt – ganz egal, ob ein Einfamilienhaus oder ein Krankenhaus gebaut, ein Eisenbahntunnel gebohrt oder nur ein Handwerker mit kleineren Malerarbeiten beauftragt wird. Aufgrund der zunehmenden Komplexität und Vielzahl denkbarer Projekte sind die vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten auf der bestehenden Grundlage nicht mehr interessengerecht zu regeln.

Experten in Würzburg: Bendel & Partner Rechtsanwälte. Foto: Pascal Höfig
Vier neue Vertragstypen
Zum 1. Januar 2018 wurden deshalb mit dem Bauvertrag, dem Verbraucherbauvertrag, dem Architekten- und Ingenieurvertrag sowie dem Bauträgervertrag vier neue Vertragstypen ins BGB eingeführt, welche die Besonderheiten der Baupraxis besser berücksichtigen und vor allem zahlreichen privaten Bauherren viele Vorteile bieten. Diese Spezialregelungen finden neben den allgemeinen Regelungen des Werkvertragsrechts Anwendung auf alle nach dem 31. Dezember 2017 geschlossenen Verträge.
Der Bauvertrag
Mit dem neu eingeführten Bauvertrag wird die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder der Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon erfasst. Auch Instandhaltungsarbeiten können unter Umständen im Bauvertrag betreffen.
Die Regelungen zum Bauvertrag sehen unter anderem ein sogenanntes Anordnungsrecht des Bestellers vor: Will der Bauherr zum Beispiel anstatt des geplanten Parkettbodens nun lieber einen Fliesenboden – etwa, um Kosten zu sparen – war er bisher darauf angewiesen, dass sich sein Vertragspartner auf eine einvernehmliche Änderung des bereits geschlossenen Bauvertrages einlässt. Aufgrund des Anordnungsrechts hat der Besteller nun die Möglichkeit, dem ausführenden Unternehmen die zumutbare Änderung der Ausführung vorzuschreiben, wenn eine Einigung nicht erzielt werden konnte. Zudem wird der Werklohn nun entsprechend der tatsächlich erforderlichen Kosten angepasst.
Weitere praxisrelevante Änderungen betreffen unter anderem Abnahme, Fälligkeit der Vergütung und Kündigung.
Der Verbraucher-Bauvertrag
Mit Einführung des Verbraucher-Bauvertrags wird zahlreichen privaten Bauherren ermöglicht, Angebote besser zu vergleichen und eine vorschnelle Vertragsentscheidung zu überdenken.
Um einen Verbraucher-Bauvertrag handelt es sich, wenn ein Unternehmer (Baufirma oder Handwerker) von einem Verbraucher (privater Bauherr) mit dem Bau eines neuen Gebäudes oder mit erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude beauftragt wird. Der Unternehmer muss zudem sämtliche Bauarbeiten aus einer Hand selbst erbringen oder erbringen lassen. Das heißt, es liegt KEIN Verbraucher-Bauvertrag vor, wenn verschiedene Leistungen von unterschiedlichen Handwerkern erbracht werden.
Pflicht zur Baubeschreibung
Vor Abschluss eines Verbraucher-Bauvertrags wird der Unternehmer unter anderem verpflichtet, dem Verbraucher (privater Bauherr) rechtzeitig eine ausführliche Baubeschreibung zukommen zu lassen. Der Verbraucher soll schwarz auf weiß lesen können, welche Leistungen Vertragsinhalt werden sollen.
Genau, klar und verständlich beschrieben werden müssen wesentliche Eigenschaften des Vertragsinhalts. Diese ergeben sich aus Artikel 249 des Einführungsgesetztes zum Bürgerlichen Gesetzbuche („EGBGB“). Unklarheiten oder Lücken in der Baubeschreibung gehen dabei zu Lasten des Unternehmers! Die fehlende oder unklar beschriebene Vertragsleistung darf qualitativ nicht unter dem Niveau des dort Beschriebenen liegen. Im Zweifel muss der Bauunternehmer also das höhere Niveau leisten.
Widerrufsrecht der Verbraucher
Darüber hinaus wird den Verbrauchern ein Widerrufsrecht eingeräumt, sofern der Vertrag nicht notariell beurkundet wurde. Sie können sich innerhalb einer Bedenkzeit von 14 Tagen ab Vertragsschluss unkompliziert vom Vertrag lösen.
Nicht belehrt worden?
Wenn der Unternehmer den Verbraucher allerdings nicht oder nicht den Formulierungsvorgaben des Gesetzes entsprechend über sein Widerrufsrecht belehrt hat, kann der Verbraucher den Vertrag bis zu einem Jahr und 14 Tagen nach dem Vertragsschluss widerrufen.
Unerheblich ist für das Recht zum Widerruf, ob bereits mit dem Bau begonnen wurde oder dieser sogar schon fertiggestellt ist. Um unklare Situationen zu vermeiden, sollte der Unternehmer daher immer erst nach Ablauf der Widerrufsfrist mit der Bauausführung beginnen.
Anpassung bestehender Vertragsmuster
Aufgrund der zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Gesetzesänderung müssen Bauunternehmer und Handwerker nicht nur ihr bisheriges Verhalten ändern, sondern auch bestehende Vertragsmuster unbedingt anpassen.
Grundsätzlich können auch weiterhin Verträge unter Einbeziehung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B („VOB/B“) geschlossen werden. Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen gab es bisher aufgrund von Besonderheiten der Baupraxis. Die neuen gesetzlichen Regelungen werden jedoch auch auf die VOB/B Auswirkungen haben.
Über die Kanzlei “Bendel & Partner”
Bendel & Partner ist eine der führenden Kanzleien für Wirtschaftsrecht in Franken. Ein Team von mehr als 30 Rechtsanwälten und insgesamt ca. 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Büros in Würzburg, Schweinfurt, München und Aschaffenburg berät kleine, mittelständische und große Unternehmen sowie Privatpersonen bundesweit in allen Fragen des Wirtschaftsrechts, aber auch in vielen weiteren Teilbereichen des Rechts, u.a. dem Arbeits-, Familien- oder Immobilienrecht. Schwestergesellschaft der Rechtsanwaltskanzlei ist die Bendel Insolvenzverwaltung AG. Fragen in rechtlichen Angelegenheiten? Die Würzburger Niederlassung erreicht Ihr unter der +49 931/45 20 29 – 0 oder unter wuerzburg@bendel-partner.de.