Bordelle und Prostitution in Schweinfurt
Philipp Heilgenthal
19. Januar 2024

Innenraum in einem Bordell, im Volksmund "Puff" genannt. Foto: Silvia Gralla
Schweinfurt ist seit mehreren Jahren berühmt-berüchtigt für sein ausgeprägtes Rotlichtmillieu. 2015 schätzte die Stadt, dass in Schweinfurt 70-100 Prostituierte arbeiteten. Noch immer gibt es in der Industriestadt mehrere Bordelle, umgangssprachlich „Puffs“ und andere Lokalitäten aus dem Rotlichtmilieu. Doch inwiefern spielt illegale Prostitution in Schweinfurt eine Rolle? Gibt es in Schweinfurt ein spezielles Rotlichtviertel, wie etwa im Bahnhofsviertel in Frankfurt? Und wo hat das sündige Laster in der überschaubaren Stadt am Main Platz? Wir haben uns umgeschaut und bei der Stadt Schweinfurt nachgefragt.
Was ist der Unterschied zwischen einem Bordell und einem Saunaclub?
Es gibt verschiedene Lokalitäten in Schweinfurt, die dem Rotlichtmilieu zugeordnet werden können. Eine Übersicht:
Das gibt es in einem Sexshop
Was sicherlich jedermann kennt, sind sogenannte Sexshops. In einen Sexshop begeben sich sowohl Singles als auch Pärchen auf die Suche nach Sextoys oder Reizwäsche, um ihr eigenes Sexualleben zu Hause aufregender zu gestalten. Früher gab es in solchen Shops auch pornografische Medien, wie Erotikfilme als DVD oder integrierte Sexkinos. In Zeiten von Internetpornografie ist dieser Geschäftszweig jedoch fast komplett eingebrochen. Dies spielte sicherlich eine Rolle, warum es in Schweinfurt nur noch einen von ursprünglich drei Sexshops gibt, und zwar den Beate Uhse Shop in der Ernst-Sachs-Straße.

Claudia Erotik ist ein klassischer Sexshop. In Schweinfurt gab es lange Zeit eine Filiale am Graben. Foto: Philipp Heilgenthal
Was in Stripclubs geboten ist und was nicht
In einem Stripclub führen Tänzerinnen – manchmal auch Tänzer – erotische Darstellungen auf der Bühne oder an der Stange (Pole) vor. Gäste können hier meist auch einen Private Dance einer Stripperin, die ihnen besonders gut gefällt, buchen. Bei den Zusatzangeboten ist jedoch zu beachten, dass die Stripperinnen und Stripper in der Regel nicht angefasst werden dürfen. Derzeit befindet sich der einzige Stripclub Schweinfurts im Night-Butterfly mitten in der Altstadt.
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Saunaclubs als Etablissement mit einladendem Ambiente
Schwieriger voneinander abzugrenzen sind Bordelle – oder Laufhäuser – und sogenannte Saunaclubs. In einem Saunaclub wird den Gästen eine entspannte Atmosphäre angeboten, die zum Verweilen einlädt. Dazu zählen auch Wellnessangebote, wie Whirlpool und eben Sauna. Kennzeichnend ist, dass man für einen Saunaclub bereits Eintritt zahlen muss. Kunden sind hier meist in einen Bademantel gekleidet, die Prostituierten sind leicht bekleidet oder nackt (FKK-Club). Essen und Getränke sind genauso wie die Wellnessangebote im Eintritt inklusive, weshalb die Gäste hier gerne längere Gespräche mit den Prostituierten führen. Einzig sexuelle Dienstleistungen kosten extra. Für Sex und ähnliches mit einer Prostituierten gibt es in einem Saunaclub separate Zimmer und Bereiche, in denen man sich ungestört vergnügen kann. Derzeit gibt es jedoch – anders als in Würzburg – keinen Saunaclub in Schweinfurt.
Ein Bordell beschränkt sich auf das Sex-Angebot
Ein Bordell ist dagegen die traditionelle Form des Prostitutionsbetriebs, in dem (fast nur) sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung angeboten werden. Ein Puff besteht in der Regel lediglich aus einzelnen Zimmern der jeweiligen Prostituierten, in denen die sexuellen Handlungen stattfinden. Da in diesen Häusern die Freier durchlaufen, werden sie auch Laufhaus genannt. Kundinnen oder Kunden zahlen nur für Sex oder andere erotische Dienstleistungen mit den Prostituierten, nicht für das bloße Eintreten in das Bordell. Beliebte Puffs in Schweinfurt sind etwa die WG LaLuna im Graben in der Altstadt und der Geheimtipp Schweinfurt in der Wilhelmstraße. Die Stadt Schweinfurt bestätigt aktuell acht legale Bordelle. Die Dunkelziffer ist jedoch deutlich höher. 2011 gab es beispielsweise 32 Bordelle, davon waren ganze 28 illegal betrieben.
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Terminwohnungen – „Prostitution im Home-Office“
Eine weitere Form von gewerblicher Prostitution ist die Nutzung einer privaten Wohnung als sogenannte Terminwohnung. Dabei handelt es sich um eine Wohnung, in der eine Prostituierte ihre sexuellen Dienste anbietet, in der sie jedoch auch dauerhaft wohnt. Wenn sich der Vergleich erlaubt, könnte man also von „Prostitution im Home-Office“ sprechen. Gerade in Schweinfurt ist diese Art von Prostitution weit verbreitet. Zwar führt die Stadt Schweinfurt auch in gemeldeten Terminwohnungen regelmäßig Kontrollen durch. Doch die meisten davon werden normalerweise illegal betrieben. Dies wird dadurch begünstigt, dass Terminwohnungen von außen nicht sichtbar sind, beziehungsweise sein müssen. Freier buchen die Prostituierten in der Regel online.
Das Night-Butterfly ist sowohl Stripclub als auch Puff
Manchmal vermischen sich jedoch auch die Formen von Sex-Etablissements. So beispielsweise das Night-Butterfly in der Schweinfurter Altstadt, ein Stripclub, in dem die Tänzerinnen auch für sexuelle Dienstleistungen gebucht werden können. Gäste können hier jedoch auch nur das „Haus“ besuchen. Das Night-Butterfly ist somit Stripclub und Bordell in einem.
Kein Straßenstrich, aber auch kein Sperrgebiet in Schweinfurt
Früher gab es an der Mainlände in Schweinfurt offiziell einen Straßenstrich. 2009 wurde die Straßenprostitution an der Mainlände jedoch verboten, da dort ein Jugendhaus gebaut wurde. Seitdem ist – anders als in Würzburg – Straßenprostitution in Schweinfurt offiziell verboten. Auf der anderen Seite gibt es in Schweinfurt keinen Sperrbezirk, während sich in Würzburg wiederum Bordelle und ähnliche Etablissements nur in den Industriegebieten am Stadtrand niederlassen dürfen. Das heißt, grundsätzlich dürfen sich Bordelle und Stripclubs überall im Schweinfurter Stadtgebiet ansiedeln.

Bordell mit Hinweisschild. Anders als hier in Frankfurt a.M. werden sexuelle Dienstleistungen in Schweinfurt oft im Verborgenen angeboten. Symbolfoto: Pascal Höfig
Gibt es in Schweinfurt ein Rotlichtviertel?
Die meisten ehemaligen und bestehenden offiziellen Rotlicht-Etablissements in Schweinfurt sind sehr zentral in oder in der unmittelbaren Gegend um die Altstadt gelegen. Damit unterscheidet sich die Kugellagerstadt von vielen anderen Städten, was eben den Sperrbezirken in jenen Städten geschuldet ist. Eine auffällige Konzentration von Sex-Angeboten findet, beziehungsweise fand man, in der nördlichen Altstadt rund um den Kornmarkt. Einige der Puffs sind jedoch sehr gut versteckt, die Lage der Terminwohnungen ist sowieso für die Öffentlichkeit nicht ersichtlich. Wie der Name bereits verrät, war vor allem das „Haus Diskret“ etwa besonders unscheinbar.
Wie viele Prostituierte gibt es in Schweinfurt?
Selbst eine ungefähre Zahl der aktuell in Schweinfurt tätigen Prostituierten zu nennen, sei für die Stadt unmöglich, wie das Rathaus auf Anfrage erklärt. Denn Sexarbeiterinnen sind selbständig und können sich mit gültigen Papieren ohne jede weitere Kontrolle deutschlandweit frei bewegen und arbeiten. „Erfahrungsgemäß befinden sie sich jeweils eine Woche in einer Stadt und ziehen dann weiter“, schildert Kristina Dietz, Pressesprecherin der Stadt Schweinfurt, die enorm hohe Fluktuation von Prostituierten. Generell sei zumindest die offizielle Zahl der Bordelle in Schweinfurt in den letzten Jahren zurückgegangen. Denn mit der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes in Deutschland im Juli 2017 konnten viele Puffs die im Gesetz vorgeschriebenen Anforderungen nicht erfüllen, weshalb ihr Weiterbetrieb untersagt wurde.
Illegale Prostitution in Schweinfurt
Ob dadurch jedoch die illegale Prostitution in Schweinfurt weiter befeuert wurde, ließ die Stadtverwaltung offen. Die hohe Mobilität von Bordellbetreiberinnen und -betreibern sowie der selbständig tätigen Prostituierten begünstigt jedoch das illegale Geschäft mit dem Sex. Außerdem stellt die Stadt fest, dass im Zeitalter der Onlinebuchung und Onlinezahlung immer mehr Prostituierte ihre Dienste in Hotels anbieten. „Diese Sexarbeiter*innen sind sehr oft nicht registriert und besitzen auch keine Anmeldebescheinigung, welche (eigentlich, Anm. d. Red.) seit 2017 Pflicht geworden ist“, schreibt Dietz. Dies und die Onlinebuchungen bei Terminwohnungen deuten darauf hin, dass der Anteil an illegaler Prostitution in Schweinfurt im Vergleich zu früher sogar noch zugenommen haben könnte. Zumindest gab es aus dem Schweinfurter Rotlichtmilieu in den letzten Jahren kaum nennenswerte Straftaten zu verzeichnen.
Warum sagt man eigentlich zu einem Bordell „Puff“?
Zum Schluss gibt es noch einen allgemeinen Fun Fact, den viele Leute interessieren dürfte: Der Volksmund sagt fast nie „Bordell“, wenn er ein Haus meint, in dem man gegen Bezahlung Sex mit Prostituierten haben kann. Viel geläufiger ist der Name „Puff“. Doch woher kommt der eigentlich? Es gibt verschiedene Theorien der Namensherkunft. Die gängigste und einleuchtendste Theorie ist jedoch folgende: Ursprünglich handelt es sich bei „Puff“ um ein mittelalterliches Würfelspiel mit dem Namen „Wurfzabel“. „Puff“ war die Lautmalerei für das Geräusch, wenn im Spiel die Würfel fallen. Daher sagte man auch „Puff spielen“ zu dem Wurfzabel-Spiel. Da viele Männer vor Jahrhunderten vor allem in Bordellen Puff spielten, wurde der Gang zu den Prostituierten schnell mit dem Gang zum Würfelspielen gleich gesetzt. So entstand vermutlich die Redewendung „Zum Puff spielen gehen“ und später „in den Puff gehen“. Nebenbei wird vermutet, dass wenn Ehemännern mit Prostituierten fremdgehen wollten, sie ihren Frauen als Ausrede sagten, sie wollen lediglich „Puff spielen gehen“. Irgendwann, als das Würfelspiel unpopulär wurde, war jedem klar, was mit „in den Puff gehen“ eigentlich gemeint ist.